Der im Zuge der kontroversen Debatte um ein „Haus am Dom“ erwartete Denkzettel für die „Wormser GroKo“ ist weitestgehend ausgeblieben. Da SPD und CDU zusammen nur ca. 5,5 % an Stimmen verloren haben, wird es aufgrund der nahezu unveränderten Konstellation erneut auf eine punktuelle Zusammenarbeit der beiden Großen im Wormser Stadtrat hinauslaufen.

Während die CDU trotz leichter Verluste unverändert auf 17 Sitze im Stadtrat  kommt, muss die SPD mit nunmehr 18 Sitzen (vorher 20) vorlieb nehmen. Wie zu erwarten haben die sozialdemokratischen Wähler eher ihre Partei abgestraft, weil sie ihren  Unmut über die Basta-Politik des OBs zum Ausdruck bringen wollten. Wie zu Erwarten scheint die Stammwählerschaft der CDU  das Thema „Haus am Dom“ nur marginal verärgert zu haben, da wohl viele aus den eigenen Reihen das umstrittene Bauprojekt  der katholischen Kirche unterstützen. Obwohl also allenfalls 10% der knapp 12.000 Gegner (laut Unterschriftenlisten) ihren  Unmut auf dem Wahlzettel zum Ausdruck gebracht haben, könnte man nun wahrlich nicht sagen, dass das seit Wochen die Medien beherrschende Thema ignoriert worden wäre. Sieht man sich die Personenstimmen genauer an, fällt auf, dass Raimund  Sürder, der als einziger seiner Partei von Anfang an gegen ein „Haus am Dom“ war, auf Platz 6 der meisten Stimmen aller Kandidaten gelandet ist. Wohlgemerkt: ausgehend von Listenplatz 19 seiner CDU, die den aktuellen Stadtratskandidaten auf einen hinteren Platz verfrachtet hatte, der im Normalfall nicht einmal für einen der 17 erwählten Sitze gereicht hätte. Aber er ist nicht der einzige Gewinner dieser Wahl, der von dem Thema profitiert hat. Die meisten Stimmenzuwächse (+3,87%) konnten die Grünen um ihr Spitzenteam Isabell Mehlmann und Kurt Lauer erzielen. Mit nunmehr 12,0% sind die Grünen damit drittstärkste Kraft im Wormser Stadtrat. Gefolgt von der FWG Bürgerforum, die ebenfalls mehr als 3% zulegen konnte und bei 9,3% landete. Das ist mehr als ordentlich, auch wenn so mancher mit größeren Zuwächsen gerechnet hätte. Denn die FWG war die Partei, die  man am ehesten mit dem Thema „Haus am Dom“ in Verbindung gebracht hatte und zudem war Spitzenkandidat Mathias Englert eindeutig der „Mr. Attacke“ im Vorfeld der Wahl. Vielleicht haben aber viele Wähler eher zu den Grünen tendiert, weil es auch ökologische Themen waren, wie z.B. das geplatzte Gewerbegebiet „Zum hohen Stein“, die viele  Bürger zum Umdenken bewegt haben. Auch wenn das überraschend und erschreckend zugleich ist, muss man auch die NPD zu den Gewinnern zählen, weil man es auf Anhieb mit 2,8% in den Stadtrat geschafft hat. Die Taktik des OBs, die rechtsradikale Partei einfach zu ignorieren, ist nicht aufgegangen. Worms hat also durchaus ein rechtes Potential in der Bevölkerung und es waren gewiss nicht nur echte Nazis unter den knapp 700 Wählern, die ihre Kreuze bei der NPD gemacht haben.

Klarer Verlierer der Wahl ist die FDP. Oder anders gesagt: Die Wormser Liberalen wurden diesmal, nach einem hauptsächlich dem Bundestrend entsprechenden zweistelligen  Ergebnis im Jahr 2009, wieder auf Normalmaß zurückgestutzt. Gemessen am bundesweiten Trend ist die Partei um Dr. Jürgen  Neureuther mit 6,2% sogar noch ordentlich dabei. Das könnte aber auch daran liegen, dass es die Alternative für Deutschland nicht geschafft hat, eine Wormser Fraktion aufzustellen, denn bei der Europawahl kam man aus dem Stand auf 7,8%. Man muss sicherlich kein Prophet sein, um zu erahnen, dass die AfD, wenn sie auch in Worms bei der Stadtratswahl angetreten wäre, zumindest ein achtbares Ergebnis erreicht hätte und mit 2 – 3 Personen im Stadtrat gelandet wäre. Mit ziemlicher Sicherheit auch zu Lasten der Wormser FDP. Nahezu unverändert war das Ergebnis von „Die Linke“, die einen minimalen Zuwachs verzeichnen  konnte, obwohl man im Bundestrend eigentlich ganz gut da steht. Interne Querelen um Parteipositionen verhinderten womöglich ein besseres Ergebnis. Die CDU wurde zwar nur unwesentlich für das Thema „Haus am Dom“ abgestraft (-1,38%), hat aber ihr Ziel, stärkste Fraktion im Stadtrat zu werden, erneut deutlich verfehlt. Auch wenn man das im Lager der Christdemokraten nur ungern hört, aber die Wormser bringen die Erfolge der Stadtpolitik offensichtlich nach wie vor eher mit der SPD in Verbindung. Sich immer nur zu Wahlkampfzeiten vom großen Bruder abzukanzeln, bringt halt noch kein eigenes Profil.

So bleibt die Rolle der stärksten Fraktion nach wie vor der SPD vorbehalten, die allerdings 4,14% verloren hat. Sicherlich hat das Thema „Haus am Dom“ hierbei keine unwesentliche Rolle gespielt. Obwohl er gar nicht auf dem Wahlzettel stand, ist das Abrutschen auch zum Teil der Verärgerung über die Politik des sozialdemokratischen Oberbürgermeisters geschuldet. Dass nicht Fraktionschef Timo Horst abgestraft wurde, zeigt seine eindrucksvolle Wiederwahl als Hochheimer Ortsvorsteher mit knapp zwei Drittel aller Stimmen und den meisten Personenstimmen aller Stadtratskandidaten. Trotzdem ist unverkennbar, dass die rote Übermacht in Worms mehr und mehr bröckelt, denn 34% Zustimmung für die Politik der stärksten Partei, sind – vor dem Hintergrund, dass wieder nur halb Worms wählen war (47%) – halt auch nur ca. 16% Zustimmung in der Gesamtwählerschaft. Also knapp jeder Sechste. Man kann den erneuten Erfolg, als stärkste Fraktion durchs Ziel gegangen zu sein, als Zeichen der Zustimmung werten. Man könnte aber auch ein „Hurra und weiter so!“ ein wenig kritischer hinterfragen.

Interessante Fakten:

Im städtischen Kindergarten am Ahornweg wählten 55,9% die SPD. Die meisten Genossen sitzen im Wormser Norden und in Neuhausen – interessanterweise in Gebieten, die als sozial schwach gelten, was zeigt, dass die SPD immer noch als Partei wahrgenommen wird, die sich um die Probleme des kleinen Mannes kümmert. Gleichzeitig erzielte aber auch die NPD ebenfalls ihren Höchstwert im Wormser Norden, wo im AWO Alten- und Pflegeheim satte 12,2% braun wählten. Auch die Linken haben die meisten Fans im Wormser Norden, denn in der Turnhalle der Karmeliter-Realschule wählten 11,8% links. Die proportional meisten Sympathisanten wählten im Kiga Arche Noah in Rheindürkheim die CDU. Ein Verdienst, den sich Adolf Kessel auf die Fahne schreiben kann. Die FWG Bürgerforum, die sich eher für lokale Themen in Worms engagiert hatte, konnte ihren Höchstwert überraschend im Wahllokal der Gemeindehalle Ibersheim erzielen, wo 20,9% die Partei um Mathias Englert wählten. Die Grünen konnten im Wahllokal der Turnhalle des Eleonoren-Gymnasiums in der Brucknerstraße 27,9% der Wähler für grüne Politik begeistern. Die FDP erreichte ihren Höchstwert in der Westend-Realschule in der Röderstraße, wo 12,6% liberal wählten.

Das Endergebnis der Stadtratswahl 2014: