Laut Organisatoren sollen 2.500 Menschen da gewesen sein. Zugegeben, es war kuschelig eng, aber wo diese sich, zudem noch mit Sitzplätzen vor der Bühne, hin gequetscht  haben sollen, wollen wir mal bezweifeln. Vielleicht dürften 1000 Besucher eher realistisch sein. Ab 11 Uhr gab es zunächst ein Unterhaltungsprogramm mit einer lockeren Gesprächsrunde mit dem Neu-Bundestagskandidaten der CDU, bei der „unser Jan“ Metzler gewohnt locker Rede und Antwort stand. Der war schließlich nicht ganz unbeteiligt daran, dass die Kanzlerin den Weg nach Worms gefunden hatte, denn sein Überraschungscoup im Vorjahr bei der Bundestagswahl hatte sich bis nach Berlin rumgesprochen.

Knapp 45 Minuten vorm Eintreffen der Kanzlerin wurden die Besucher zunächst mit einem ordentlichen Regenschauer vertrieben. Das steigerte auch die Hektik in dem für die Presse abgesperrten Bereich an der Seite, wo vor dem Regenschauer noch ein paar orangene Schirme mit dem CDU-Logo bereitlagen, die aber kurz nach Regenbeginn flugs auch schon wieder verschwunden waren. Als ein Pressemann, zugegeben etwas brüsk, einen CDU-Offiziellen nach den Schirmen fragte, damit seine Kamera nicht nass werde, da wurde auch ein wackerer Christdemokrat mal etwas harsch und blökte zurück: „Bringen Sie sich selbst Ihren Schirm mit. Sie wussten ja, dass es Sauwetter gibt…“

Mit Angies Eintreffen war es aber vorbei mit dem Sauwetter. Zusammen mit Julia Klöckner und David McAlister schritt sie vom Markplatz  kommend an der Volksbank und am Hotel Kriemhilde vorbei, als sie direkt von zwei urtypischen Wormsern, einer mit Baseballmütze und der andere mit adretten Jogginghosen, euphorisch begrüßt und zu Autogrammen (aufs T-Shirt) genötigt wurde. Der erste Eindruck, den man in einer Stadt hat, ist ja meistens prägend. Begleitet wurde der Besuch der Kanzlerin von einem großen Sicherheitsaufgebot. So waren die meisten Straßen im Umkreis des Schlossplatzes von Polizisten bewacht, als Angela Merkel die Bühne betrat und sogleich mit ein paar Komplimenten die Wormser um den Finger wickelte. Die Kanzlerin lobte, dass „Worms europäische Geschichte sei“ und dass wir „stolz auf unsere Stadt sein könnten“. Und eines muss man ihr neidlos attestieren: schlagfertig ist die Frau. Als sie bei dem Thema „Backfischfest“ nachfragte, ob damit junge Frauen oder echte Backfische gemeint seien, kam sie nach einer kurzen Erklärung durch Julia Klöckner zu dem äußerst treffenden Fazit: „Mir scheint, es geht um beides!“. Ja, liebe Frau Merkel, schon vor 80 Jahren wurde in Worms erzählt, wer sich beim Backfischfest kein Mädel angelt, der wird den ganzen Winter über alleine bleiben. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

In der Rede von David McAlister war übrigens auch Helmut Kohl ein Thema, denn der CDU Spitzenkandidat für die Europawahl hatte dem Altbundeskanzler kürzlich einen Besuch abgestattet und von einer „eindrucksvollen Begegnung“ gesprochen. Der Unterschied zu heute: Während Kohl in den Achtzigern auf dem Obermarkt in Worms mit einem gellenden  Pfeifkonzert empfangen wurde, fielen bei Angela Merkel die wenigen Störer mit ihren Zwischenrufen gar nicht sonderlich auf. Da hat Mutti einfach ein bisschen lauter gesprochen. In Anbetracht der bevorstehenden Europawahl war Europa natürlich das Kernthema ihrer doch sehr risikolosen Rede. Wer vor einem Publikum spricht, dessen Großteil aus reiferen Semestern besteht, wird für die Ansicht, dass man Probleme in Europa ohne Waffengewalt lösen möchte, von den durch die Nachkriegszeit gebeutelten Besuchern nur wenig Widerspruch ernten.

Im Übrigen war auch Joern Hinkel zusammen mit Nibelungen-Darsteller Markus Majowski und einem Kamerateam der Nibelungenhorde unterwegs. Der Assistent von Dieter Wedel berichtete uns, dass sie sogar einen offiziellen Termin mit der Kanzlerin hätten, was zwangläufig zur Folge hatte, dass ihm das WO! Team fortan nicht mehr von der Seite gewichen ist. Aber clever wie der Hinkel nun mal ist, hat er uns dann doch abgeschüttelt und wir kamen nicht in den Genuss, ein „Selfie“ mit der Kanzlerin zu schießen. Aber da, wie wir später erfuhren, auch Joern Hinkels Kanzlerinnen-Interview nicht geklappt hat, war das zu verschmerzen. Dafür durfte man mit Jan Metzler vorlieb nehmen – womöglich einer von „Germanys next Bundeskanzlern“. Auf jeden Fall beherrscht Metzler, ebenso wie die anderen CDU-Recken auf der Bühne, etwas, womit unsere halbe Nationalmannschaft offensichtlich ein Problem hat: den Text der deutschen Nationalhymne. Denn die wurde zum Abschluss von allen gemeinsam geschmettert. Wer anschließend damit gerechnet hat, dass jetzt bestimmt noch „An Tagen wie diesen“ von den Toten Hosen gesungen wird, wurde enttäuscht. Diesen Gefallen tat uns die CDU Delegation leider nicht. Vielleicht wollte man auch einfach die freudentrunkende Version vom Wahlsieg im September 2013 nicht in den Schatten stellen, als Volker Kauder als Sänger und Angela Merkel als Tänzerin für einen legendären Auftritt sorgten.