Gemeinhin ist ein historisches Museum sowas wie das Gedächtnis einer Stadt. In Worms ist dies das Andreasstift. Auf drei Etagen finden sich dort rund 30.000 Exponate von der Steinzeit bis zur Nachkriegszeit. Seit Anfang 2019 kann man allerdings dieses Gedächtnis nicht mehr besuchen, da das Andreasstift für die große Luther-Ausstellung 2021 fit gemacht wird – allerdings nur das Erdgeschoss. Wie so oft in Worms sind natürlich auch die Sanierung und die Zukunft des Museums abhängig vom lieben Geld, und das ist in Worms bekanntermaßen ein Problem. Deswegen beschloss man im Stadtrat, die Umbauarbeiten auf das Erdgeschoss und die damit verbundene Wiederherstellung des Kreuzgangs zu konzentrieren. Da diese Modernisierungsmaßnahmen zu den sogenannten freiwilligen Leistungen gehören, hat man sich auf eine Deckelung der Gesamtausausgaben geeinigt. Die liegen immerhin noch bei satten 2.459.800 Euro. Hätte man sich dafür entschieden, auch die beiden Obergeschosse fit für die Zukunft zu machen, wären 3.222.250 Euro nötig gewesen. Eine Gesamtsanierung sei letztlich nur mit zusätzlichen Fördermitteln möglich. Ob man allerdings überhaupt in der Zukunft eine Dauerausstellung auf drei Etagen benötigt, das stellte wiederum bei einem Pressetermin der derzeitige Leiter des Museums, Dr. Olaf Mückain, vielleicht etwas leichtfertig in Frage. Mit seiner Anmerkung, dass Dauerausstellungen nicht mehr zeitgemäß seien, erregte er den Unmut der ehemaligen Leiterin des Museums, Dr. Mathilde Grünewald. 32 Jahre lang war sie die Hüterin der „Schatzkammer des südlichen Rheinhessens“, wie sie selbst das Museum bezeichnet. Doch das war nicht die einzige Aussage, die sie dazu verleitete, der Stadt einen ehrlosen Umgang mit diesem kultur-historischen Gedächtnis vorzuwerfen. Für Aufregung sorgte auch die Bemerkung, dass das Museum in den derzeit nicht genutzten Geschossen von der Energieversorgung abgehängt sei und somit die wertvollen Exponate den Launen des Wetters ausgesetzt seien. Im Gespräch mit unserem Magazin unterstellte sie der Stadt einen verächtlichen Umgang mit den Kostbarkeiten und empfahl, diese zu verkaufen, ehe ein größerer Schaden entstünde. Ein bedeutender Teil der Ausstellung ist eine Leihgabe vom Altertumsverein Worms. In den 1920er Jahren hatte man die Sammlungen an die Stadt übertragen und 1928 im Vertrag hierzu formuliert, dass diese sich verpflichte, das Museum seiner Bedeutung gemäß zu betreiben. Im Kulturausschuss zeigte sich der Verein dementsprechend mit der Schließung nicht einverstanden und forderte eine „Notlösung“, die vorsieht, zumindest angeleitete Führungen anzubieten. Desweiteren betonten sie, an der Dauerausstellung festhalten zu wollen. Während den Führungen aus Versicherungsgründen vom zuständigen Dezernenten Kosubek (CDU) eine Absage erteilt wurde, versuchte man zumindest in Fragen der Dauerausstellung die Wogen zu glätten und verwies u.a. auf den Ideenwettbewerb, der offenbar derzeit für Vieles herhalten muss. Was die Heizproblematik angehe, so hätte man zwischenzeitlich eine Notheizung aktiviert, sodass die Kulturgüter keinen Schaden nehmen würden. 2020 wird es anlässlich des 1000-jährigen Geburtstags des ehrwürdigen Gemäuers zumindest eine Teilöffnung geben. Das Hauptinteresse der Stadt gilt jedoch der Luther-Ausstellung „Hier stehe ich. Gewissen und Freiheit – Worms 1521“, die von April bis Ende Oktober 2021 viele Tausende Touristen nach Worms locken soll. Das Zeitfenster ist eng, die Aufgaben vielfältig, der Anspruch groß und das Geld knapp. Unter Hochdruck arbeitet der Architekt Jürgen Hamm mit seinem Team daran, das Museum den aktuellen Anforderungen anzupassen, um Leihgaben anderer Museen zu bekommen. Die stehen im Moment noch aus. Zu den baulichen Herausforderungen zählt u.a. die Errichtung eines historischen Kreuzgangs. Aber auch hier läuft nicht alles reibungslos, denn nicht jeder glaubt daran, dass es diesen wirklich gab. Visuelle Belege gibt es nicht und die Tatsache, dass sich im Boden uralte Gräber befinden, lassen den Verdacht zu, dass der Kreuzgang hauptsächlich geschaffen wird, um der Ausstellung zusätzlichen Raum zu verschaffen. Öffentlich sagen möchte das derzeit niemand, zumal rund 1,5 Millionen Euro aus einer Spende in den Bau geflossen sind. Für die Ausstellung stehen ebenfalls 1,5 Millionen Euro zur Verfügung, die auf drei Jahre verteilt sind. Hinzu addieren sich Fördergelder der evangelischen Kirche Hessen-Nassau (100.000 Euro), vom Land (250.000 Euro) und beantragte Fördergelder vom Bund (200.000 Euro). Das klingt viel, ist aber für eine Ausstellung mit einem solch hohen Anspruch wenig. Zum Vergleich, das Gesamtbudget der Landesausstellung Karl Marx in Trier belief sich auf 4,8 Millionen Euro, darin enthalten ein Zuschuss des Landes in Höhe von 2,5 Millionen Euro! Natürlich hofft man, in den kommenden Monaten noch weitere Sponsoren hinzuzugewinnen. Wir blicken indes mit Spannung in die Zukunft!