Das Titelbild unserer letzten Ausgabe hat hohe Wellen geschlagen: „Wormser Meckermythen.“ Ein wenig hatte ich das Gefühl, dass sich einige Menschen in den sozialen Netzwerken erwischt fühlten. Aber wieso meckern wir eigentlich so gerne, wissen alles besser und machen am Ende dann doch nichts?

Liebe Leser,

jetzt mal Hand aufs Herz, in wie vielen Vereinen oder ehrenamtlichen Institutionen sind Sie Mitglied?

Wenn ich durchzähle komme ich auf vier Vereine, in denen ich zum Teil seit Jahren Mitglied bin. Wenn Sie jetzt mal bei sich rumfragen, werden Sie schnell feststellen, dass viele Menschen nur noch wenig bis gar nicht ehrenamtlich aktiv sind. Nachwuchsprobleme gibt es nicht erst seit gestern allerorts und auf die Frage „Willst du nicht mitmachen?“, kommt meist ein müdes „Ich hab keine Zeit“ oder wenn es ehrlich ist, auch mal ein „Ich hab keine Lust“. Ich könnte jetzt hier schwadronieren, warum das Ehrenamt wichtig ist, es mehr gestärkt werden muss und dass ohne dieses Engagement die Gesellschaft zusammenbricht. Und ja, jeder dieser Punkte wäre berechtigt.

Ich gebe Ihnen mal ein anderes Beispiel. Oft werden in Facebookgruppen Bilder aus der guten alten Zeit geteilt, die eine volle Innenstadt bei einer Brunneneinweihung in den frühen 80ern zeigen. Überall Menschen, überall was los. Kein Wunder, schließlich trat der Akkordeon Verein auf, der Chorverein sang „Am Brunnen vor dem Tore“ und 27 Vereine verkauften Kuchen und Fähnchen oder tanzten irgendwas vor. Von diesen fiktiven 29 Vereinen gibt es vielleicht heute mit Ach und Krach noch fünf, und die leiden unter Mitgliederschwund und Überalterung, weil fast niemand mehr Lust hat, was zu machen. Im geschäftlichen Leben sieht das übrigens nicht viel anders aus. Bevor heute jemand einen Laden erö?net, sagen einem erstmal 20 Leute, warum das nie im Leben was wird. Sollte dann allerdings ein Dönerladen es wagen, einen Leerstand zu beleben, ist das Geschrei natürlich groß.

WAS KOMMT BEI DIESER MUTLOSIGKEIT AM ENDE RAUS?

Ganz einfach: Ein kleiner Teil der Bevölkerung, meistens arme Ja-Sager, ist heillos überfordert und kurz davor hinzuschmeißen und der Großteil macht halt einfach nichts und beschwert sich, dass alles so blöd ist. Tolle Wurst. Immerhin sind in der Stadt noch nicht alle Lichter aus. Die neue Weihnachtbeleuchtung soll jetzt ganzjährig in den Bäumen installiert werden und kann dann in allen möglichen Farben leuchten. Die alte Beleuchtung ist auch nicht wirklich kaputt, aber prüfen und Instandsetzen ist zu teuer. Was solls, so eine rote Laterne haben wir uns mit Sicherheit verdient. Vielleicht lenken die Lichtstrahlen auch erfolgreich die Tauben ab und sie fallen einfach tot vom Baum…ähm ich meine natürlich finden so besser den Weg in den obligatorischen, nie gebauten Taubenschlag. Ob das Licht an war, als am Hauptbahnhof Schranken installiert wurden, um sie nach nicht mal 24 Stunden wieder zu demontieren, ist auch nicht hinlänglich bekannt. Ich kann mir eigentlich nur folgendes vorstellen: Herbert, der für die Deutsche Bahn mit der Kehrmaschine den Bahnhofsbereich reinigen soll, stellte wahrscheinlich ziemlich schnell fest, dass die große Kärcher Maschine einfach nicht durch diese blöden Stangen passt. Tja, wenn man nicht alles selber macht und am Ende doch nicht an alles gedacht hat.

TROTZ ALLEDEM GIBT ES EIN LEBEN HINTER DEM BAHNHOF.

Die Funzel ist letzten Monat 40 Jahre alt geworden und selten konnte man soviel geballte WO! Kompetenz im selben Raum antre?en. Hier können wir froh sein, dass es mutige Menschen gab, die diese wunderschöne Kneipe übernommen haben und am Leben erhalten. Ho?entlich mindestens für die nächsten 40 Jahre.

Bis nächsten Monat, Jim Walker jr.

 

 PS: Der Chefredakteur wird erwachsen. Er trinkt statt Cuba in der Funzel nun Weinschorle. Tja, gegen das Älterwerden sind wir wohl alle machtlos.