2020 – Das Jahr, in dem die Kultur verboten wurde

Das Motto „First in, last out“ gilt seit dem Ausbruch der Coronakrise vor allem für die Veranstaltungsbranche. Zwar war man als Erster von den Corona-Maßnahmen betroffen, aber weiß bis heute immer noch nicht, wann wieder mit einem geregelten Veranstaltungsbetrieb zu rechnen ist. Aber so ist das nun mal, wenn man ausgerechnet im Land der Dichter und Denker von der Politik als „nicht systemrelevant“ eingestuft wird.

Obwohl die Coronakrise den Kulturbetrieb fast zehn Monate des Jahres weitestgehend stillgelegt hat, sind im Jahr 2020 renommierte Künstler wie der Komiker BÜLENT CEYLAN, Rockröhre DORO PESCH oder Heimorgelgott MAMBO KURT in Worms aufgetreten. Dabei waren deren Auftritte, sowohl für die Besucher als auch die Künstler selbst, besonders ungewöhnlich. Das Programm von Bülent Ceylan und Doro Pesch durften die Besucher in der „Carantena Arena“ auf dem Festplatz von ihren Autos aus verfolgen, bei Mambo Kurt konnte man es sich beim „WOpen Air“ in einem Liegestuhl mit Kopfhörern bequem machen. Da die großen Events, wie die Nibelungen Festspiele, Jazz & Joy oder das Backfischfest, aufgrund der Corona Pandemie frühzeitig abgesagt wurden, waren in diesem Sommer neue Veranstaltungsformate gefragt. Während die ebenfalls von der Coronakrise betroffenen CHRISTIAN RUPPEL (Medienpark Vision) und PATRICK MAIS (Kinowelt Worms) erst die Carantena Arena und anschließend das WOpen Air aus dem Boden stampften, versuchten die von Absagen gebeutelten Schausteller mit dem „Festplatz to go“, „Goebels Riesenrad am Rhein”, dem „Stattfischfest“ im Wäldchen oder dem „Nibelungenland“ auf dem Festplatz das ausgefallene Backfischfest vergessen zu machen. Die Bilanz der Veranstalter dieses Corona Sommers in Worms fällt aber eher durchwachsen aus. Einerseits haben sich alle gefreut, mal wieder etwas tun zu dürfen, aber die Resonanz der Besucher war, trotz Einhaltung der AHA-Regeln, eher zurückhaltend, was aus wirtschaftlicher Sicht heißt: „Zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben…“

Beide Lockdowns treffen die Branche hart

Dabei begann das Dilemma dieser Branche bereits mit dem ersten Lockdown im März 2020, bei dem in ganz Deutschland Kneipen, Diskotheken, Musikclubs, Theater, Opernhäuser, Tanzschulen und alle anderen Kultureinrichtungen schließen mussten. Auch großen Volksfesten, wie dem Oktoberfest oder den Cannstädter Wasen, erteilte die Politik frühzeitig eine Absage. Musiker mussten massenweise ihre laufenden Tourneen abbrechen und neu terminieren oder gleich ganz absagen. Auch Christian Ruppel war gerade mit seiner Firma für Eventtechnik mit Schlagerstar Andrea Berg auf ihrer laufenden Tournee unterwegs, als sie von dem Konzertverbot getroffen wurden. Derweil war Patrick Mais gerade damit beschäftigt, seine Kinosäle in der Kinowelt Worms bis auf Weiteres abzuschließen. Beide trifft das gleiche Schicksal wie ca. 1,8 Millionen Menschen, die in der Veranstaltungsbranche tätig sind. Sie wurden mit einem Arbeitsverbot belegt, das bis Jahresende anhielt und vermutlich noch einige Monate länger andauern wird. Tatsächlich gab es für die Kultur in Worms im Jahr 2020 ein kurzes Zwischenintermezzo im September und Oktober, als Veranstaltungshäuser unter Einhaltung der aktuellen Hygienevorschriften wieder ein Programm in einem reduzierten Rahmen anbieten durften. Beim Lockdown light Ende Oktober wurden diese aber als Erstes wieder geschlossen, ebenso wie Kneipen oder Restaurants, die ebenfalls zuvor ihre Einrichtungen coronagerecht umgestaltet hatten. Die richtige Zeit also für neue, coronagerechte Formate? Tatsächlich taten sich bereits beim ersten Lockdown ein paar Kulturtreibende um den Wormser Schauspieler und Döftels-Sänger PETER ENGLERT zusammen, um aus dem Keller der Tanzschule Prinz Carl „Karantena TV“ zu senden. Beim zweiten Lockdown im Herbst sah das Ganze deutlich professioneller aus, denn zwischenzeitlich war man in die neu eingerichtete Vision Box von Christian Ruppel umgezogen, um von dort aus Sendungen wie „Das Feierabendfernsehen“ oder Worms läuft“ mit dem Politikwissenschaftler, Professor Dr. KARL-RUDOLF KORTE, zu produzieren. Außerdem wurden in Quarantänezeiten zunehmend Streamingkonzerte angeboten, die aber die bittere Erkenntnis lieferten, dass ein im Internet gestreamtes Konzert nicht das echte Erlebnis ersetzen kann. Die Magie eines Livekonzertes entsteht in erster Linie durch die Begegnung zwischen Künstler und Publikum.

Wie wird 2021?

In Anbetracht eines bundesweiten Lockdowns bis 10. Januar 2021, der mit ziemlicher Sicherheit noch einmal verlängert wird, fällt der Start ins neue Jahr wenig vielversprechend aus. Da die Fastnachtsveranstaltungen bereits vor einem halben Jahr abgesagt wurden, wird in den ersten beiden Monaten des Jahres kulturell wenig passieren. Vielleicht wird frühestens ab März/April wieder Kultur vor reduziertem Publikum möglich sein. Allerdings nur, wenn die Infektionszahlen dies zulassen. Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es immerhin für die zweite Jahreshälfte. Wie Finanzminister Olaf Scholz durchklingen ließ, plant man, Veranstaltern die Kosten für ihre Veranstaltung im zweiten Halbjahr zu ersetzen, sofern es durch Corona zu einer Absage kommt. Damit will man Veranstalter ermutigen, das kulturelle Leben nach einem Jahr der Verunsicherung wieder hochzufahren. Offensichtlich rechnet man auch regierungsintern damit, dass in einem halben Jahr, wenn ein Großteil der Risikopatienten durchgeimpft ist, wieder Veranstaltungen möglich sind. Das würde für die großen Wormser Events bedeuten, dass sie gute Chancen auf eine Durchführung haben. Sowohl die Luther-Ausstellung, Nibelungen Festspiele, Jazz & Joy als auch das Backfischfest sollen im zweiten Halbjahr stattfinden. Bis dahin heißt es Daumen drücken, denn eines dürfte klar sein: Noch so ein Jahr wie 2020 wird die Veranstaltungsbranche nicht überleben.