Das Positive vorab: Im Verbandspokal hat Wormatia Worms nach einem packenden Pokalfight in Pirmasens mit viel Mühe das Viertelfinale erreicht. Die Hoffnung auf den im Mai verpassten Pokalsieg lebt also weiter. In der Liga ist dagegen noch jede Menge Sand im Getriebe.
Dabei hatte es das Losglück nicht gut gemeint mit den Wormsern und bereits im Achtelfinale des Verbandspokals mit dem FK Pirmasens den – vom Papier her – zweitstärksten Konkurrenten im Wettbewerb beschert. Die Wormatia hatte in den beiden Ligaspielen zuvor zwei deftige Packungen gegen Hoffenheim II (1:4) und den TSV Steinbach (0:4) erhalten und lag nach einer knappen Stunde auch beim FKP mit 0:2 in Rückstand. Ausgerechnet in dem Stadion, in dem man fünf Monate zuvor eine der schmerzlichsten Niederlagen der jüngsten Wormatia-Geschichte erlitten hatte, sollten die Pokalträume diesmal bereits im Achtelfinale enden. Plötzlich ging ein Ruck durchs Team, Trainer Jones wechselte zwei Mal aus und nach 90 packenden Pokalminuten stand ein 3:2-Sieg durch Tore von Jan-Lucas Dorow (60. & 83. Minute) und Thomas Gösweiner (73.). Die Wormatia ist also weiterhin im Verbandspokal vertreten, dem einzigen Wettbewerb, nach dem die Fans nach zehn Jahren Regionalligamittelmäßigkeit geradezu lechzen, bietet ein DFB-Pokalspiel doch die einzige Möglichkeit, bundesweit im Fokus zu stehen. Im Pokal hat das Team von Steven Jones also gerade noch die Kurve bekommen, in der Liga ist dagegen noch jede Menge Sand im Getriebe. 13 Punkte aus den ersten 14 Spielen, das ist die Bilanz eines potentiellen Absteigers. Nur vier Siegen stehen bereits neun Niederlagen gegenüber. Besonders erschreckend ist die Heimbilanz, denn in sieben Spielen setzte es bereits sechs Heimniederlagen, darunter waren drei 1:4-Pleiten. Die Folge: Letzter Platz in der Heimtabelle und das Stadion wurde in den letzten Wochen kontinuierlich leerer gespielt. Zuletzt gegen den SSV Ulm wollten nur noch 784 treue Anhänger die nächste Heimniederlage (1:2) verfolgen. Das Wormatia Stadion, in den letzten Jahren stets eine schwer einnehmbare Festung, hat in dieser Saison eindeutig seinen Schrecken verloren.
Zu viele Punkte verschenkt
Besonders schmerzt, dass es im bisherigen Rundenverlauf zu viele Spiele gab, die vollkommen unnötig verloren wurden. Dass es mit diesem Kader aktuell gegen Spitzenteams wie den 1. FC Saarbrücken, die Offenbacher Kickers, Waldhof Mannheim oder Mainz II nicht reichen würde, war früh absehbar. Wenn es aber selbst gegen „schlagbare“ Gegner, wie den SSV Ulm oder zuletzt gegen die wohl schwächste Zweitvertretung der TSG Hoffenheim, die jemals in Worms angetreten ist, nicht für Punkte reicht, dann wird es in dieser Saison ganz schwer, die Klasse zu halten. Im Moment kommt dem VfR zugute, dass es einige Teams in der Regionalliga Südwest gibt, die noch weniger Punkte eingefahren haben. Mit Mannschaften wie Schott Mainz, SV Röchling Völklingen, TUS Koblenz, Stuttgarter Kickers oder FSV Frankfurt wird man sich um den Klassenerhalt streiten. Auch Hessen Kassel steht, mit der Bürde eines 9-Punkte-Abzugs wegen der Einleitung eines Insolvenzverfahrens, derzeit noch auf einem Abstiegsplatz. Zuletzt kursierten Gerüchte, der VfB Stuttgart würde sein U-23-Team am Ende der Saison abmelden. Davon könnte auch Wormatia Worms wieder einmal profitieren. Allerdings sollte man sich nicht darauf verlassen.
Hausgemachte Probleme
Die meisten Probleme, die dem Verein in dieser Saison zu schaffen machen, sind hausgemacht. Sei es die gewohnt späte Kaderzusammenstellung, die es nicht ermöglichte, zum Saisonstart mit einem regionalligatauglichen Kader anzutreten. Dazu kam das unfassbare Verletzungspech in der Vorbereitung und die heutige Erkenntnis, dass man mehr Masse als Klasse verpflichtet hat. Zudem haben viele Umstellungen – teils wegen unnötigen Sperren, teils wegen Verletzungen – in der Folge dafür gesorgt, dass sich keine Stammelf einspielen konnte. Die nach dem Abgang von Sandro Loechelt und Fatih Köksal vakante Sechser-Position ist immer noch eine Schwachstelle, die auch Neuzugang Morris Nag oder Benni Himmel bisher nicht überzeugend ausfüllen konnten. Überhaupt kränkelt das Prunkstück der letzten Saison, die Defensive, diese Saison bedenklich, dafür hat man in der Offensive nach dem Weggang von Torjäger Florian Treske an Qualität dazu gewonnen. Sein Nachfolger, der Österreicher Thomas Gösweiner, hat aktuell sogar eine bessere Torquote (4 Tore in 9 Spielen) als Treske (5 Tore in 15 Spielen) bei den Offenbacher Kickers. Gösweiner hat also in fast jedem zweiten Spiel getroffen, wenn er denn gespielt hat. Dazu kommen mit Daisuke Ando und Guiseppe Burgio zwei neue Stürmer, die das Offensivspiel variabler machen. Zusammen mit Jan-Lucas Dorow und Steffen Straub ist die Offensivabteilung der Wormatia „eigentlich“ ordentlich besetzt. Umso unverständlicher, dass man es ausgerechnet in den Spitzenspielen gegen Offenbach oder Saarbrücken mit „Angsthasenfußball“ probiert hat, in dem Trainer Jones seine besten Stürmer auf die Bank gesetzt und sein Heil zunächst in der Defensive gesucht hat. Die Taktik, sich zunächst hinten zu verschanzen und ab der 60. Minute mit neuen Stürmern für frischen Wind zu sorgen, scheiterte mehrfach daran, dass die Spiele zu diesem Zeitpunkt aufgrund haarsträubender individueller Fehler schon längst entschieden waren. Dass es auch anders geht, hat der VfR beim bisher einzigen Heimsieg gegen Astoria Walldorf (3:1) eindrucksvoll unter Beweis gestellt, als man den Gegner mit einer ungewohnt offensiven Ausrichtung überrumpelt hat.
Steht der Trainer zur Disposition?
Abgesehen von den genannten Problemen, für die Trainer Steven Jones nichts kann, auch wenn er sie letztendlich ausbaden muss, hat auch der Coach Fehler gemacht. Diese sollte man einem jungen Trainer auch zugestehen. Aber wenn der eigene Matchplan zu oft scheitert, verlieren irgendwann auch die Spieler das Vertrauen in ihren Trainer. Bisher scheint das nicht der Fall zu sein, denn Moral und Einsatzbereitschaft stimmen, das Verhältnis zum Trainer scheint intakt. In Anbetracht des Pechs, das die Wormaten in manchen Spielen hatten, ist sowieso die Frage erlaubt, ob man es einem Trainer anlasten kann, wenn seine Spieler drei Mal Aluminium treffen, bevor der Gegner aus dem Nichts die Führung erzielt? Oder wenn man sein Team ideal auf den Gegner einstellt, aber einige Unaufmerksamkeiten in der Defensive innerhalb von wenigen Minuten das komplette Spiel entscheiden (z.B. gegen Mannheim, Saarbrücken oder Hoffenheim)? Trotzdem gelten bei anhaltender Erfolglosigkeit auch für einen Ur-Wormser wie Steven Jones die gleichen Gesetze wie anderswo. Sein Vorgänger, Sascha Eller, trat, nach einem starken fünften Platz im Vorjahr, nach einem schwachen Auftakt in die neue Saison bereits nach zehn Spieltagen zurück. Um das Umfeld ruhig zu stimmen, wäre es wichtig, bis zur Winterpause (Anfang Dezember) vor allem in den wichtigen „Sechs-Punkte-Spielen“ gegen Röchling Völklingen, die Stuttgarter Kickers oder den FSV Frankfurt etwas Zählbares zu holen, damit der Verein bis dahin nicht tief im Tabellenkeller versinkt. In der spielfreien Zeit kann das Trainerteam an den Defiziten arbeiten. Das hat in der Vergangenheit stets ganz gut geklappt, denn in den letzten Jahren spielte die Wormatia zumeist eine weitaus stärkere Rückrunde.