Eine Pressemitteilung des katholischen Pfarramt St. Peter / St. Martin:
Trotz der Einschränkungen der Corona-Pandemie haben im Jahr 2021 rund Zweihunderttausend Menschen den Wormser Dom besucht. Das gab die Domgemeinde nach Auswertung der jährlichen Zählungen und Statistiken nun bekannt. „Jeden Tag werden die elektronischen Zählgeräte an den Eingängen ausgelesen, so dass wir auf den Tag genau verfolgen können, wie viele Besucher wir im Dom hatten“, berichtet Propst Tobias Schäfer. Genau 196.519 Besucherinnen und Besucher habe man im Jahr 2021 gezählt. Die Zählanlage betreibe man seit 2004 am Südportal, im Jahr 2015 habe man auch das Kreuzgangportal nachgerüstet, so dass man seitdem eine ziemliche genaue Statistik führe. Am Anfang, so erzählt Domküster Markus Löhr, habe man das elektronische System noch mit manuellen Zähllisten der Dompförtner verglichen, weil man der Technik nicht ganz traute. Zwar könne die elektronische Lichtschranke an der Richtung der Bewegung gut unterscheiden, wer den Dom betritt und wer ihn verlasse. Aber gerade, wenn größere Gruppen gleichzeitig kämen, könne es passieren, dass zwei Personen nur einmal gezählt werden, so dass die Zahlen eher leicht nach oben als nach unten zu korrigieren wären. Insgesamt aber habe sich die Technik als sehr zuverlässig erwiesen.
Was im Blick auf die Zahlen von 2021 überrascht, ist die Tatsache, dass das Niveau der Gästezahlen vor der Corona-Pandemie wieder erreicht sei. „Obwohl die geführten Gruppen in 2021 noch deutlich weniger waren – in den ersten Monaten des Jahres 2021 waren gar keine Führungen möglich, dann eine ganze Zeit nur Führungen außerhalb geschlossener Räume und mit deutlich kleineren Gruppen – konnten doch insgesamt beinahe 300 Gruppenführungen mit der Domgemeinde abgerechnet worden, die von der Tourist-Info der Stadt Worms vermittelt wurden“, berichtet Bernd Leitner, der Leiter der Tourist-Info Worms. Für jede durch die Tourist-Info vermittelte Domführungen zahlt die Gruppe, einen Betrag von 5 Euro anteilig an die Domgemeinde, den die Tourist-Info weiterleitet. Das sei ein kleiner Beitrag zu den Betriebskosten des Domes. „Allein die Offenhaltung des Domes für Touristen außerhalb der Gottesdienstzeiten an sieben Tagen die Woche kostet die Domgemeinde pro Jahr rund 110.000 Euro; nach Abzug der Einnahmen etwa durch Besucherspenden bleibt ein Defizit von rund 75.000 Euro, das die Domgemeinde trägt. Da sind die Erstattungen für die Gästeführungen durch die Stadt ein zwar kleiner, aber wichtiger Beitrag“, erläutert der Propst.
Dass der Dom für den Tourismus der Stadt ein ganz entscheidender Faktor ist, das unterstreichen die Besucherstatistiken eindrucksvoll. Warum trotz Corona im vergangenen Jahr so viele Besucherinnen und Besucher gezählt werden konnten, darüber kann der Propst nur spekulieren. „Einmal ist es vielleicht, weil manche dann doch lieber Urlaub im eigenen Land gemacht haben als in ferne Länder zu reisen.“ Aber ganz sicher habe auch die Erhebung der SchUM-Stätten zum Welterbe eine Rolle gespielt. Ende Juli sei die Entscheidung bekannt gegeben worden. Mit fast 35.000 Besucher*innen sei dann der August der besucherstärkste Monat gewesen“, berichtet der Propst.
Um das jährliche Defizit etwas zu dämpfen, habe man mit Beginn des neuen Jahres auch einige Veränderungen beschlossen, berichtet Klaus Berg, der stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrates. So habe man die Hausordnung für den Dom überarbeitet und auch eine neue Ordnung für Führungen beschlossen. Bislang hätten nämlich nur die Gästeführer*innen, die in der Interessengemeinschaft Gästeführer in Worms zusammengeschlossen seien und deren Führungen durch die Tourist-Info vermittelt würden, einen Betrag an die Domgemeinde entrichtet. Diesen Beitrag habe man in Absprache mit der Stadt nun von 5 auf 10 Euro pro Gruppe erhöht. Gleichzeitig habe man beschlossen, dass künftig auch alle anderen Gästeführer*innen, die im Dom Führungen anbieten, einen entsprechenden Beitrag leisten müssen. „Im Dom darf künftig nur noch Führungen machen, wer als Gästeführer entweder in der Interessengemeinschaft Wormser Gästeführer organisiert ist oder wer sich bei der Domgemeinde als Gästeführer*in akkreditiert hat. Alle externen Gästeführer*innen müssen künftig für die Erlaubnis zur Führung im Dom ebenfalls eine Gebühr von 10 Euro pro Gruppe entrichten“, so Klaus Berg. Unterm Strich aber sei man sich darüber im Klaren, dass das alles angesichts der hohen Kosten, die die Offenhaltung des Domes für die Touristen bedeute, nur ein Tropfen auf den heißen Stein sei.
„Wir wünschen uns natürlich, dass uns die Stadt Worms angesichts des erwiesenermaßen großen Anteils, den der Dom und die Domgemeinde für den Tourismus in der Stadt bedeutet, auch entsprechend unterstützt. Hier führen wir seit längerem schon Gespräche“, berichtet Propst Schäfer. Er verhehlt dabei nicht seine Enttäuschung, dass sich hier noch keine wirklich nachhaltige Lösung abzeichne, sieht aber auch den Druck, unter dem die Verantwortlichen in der Stadt stehen: „Greifen Sie einem nackten Mann einmal in die Tasche!“
„Wir sind stolz auf unseren Dom mit seiner baugeschichtlichen Bedeutung und seiner imposanten Geschichte. Und wir wollen gern auch weiterhin unseren Beitrag dazu leisten, den Dom für alle Besucherinnen und Besucher offen zu halten; wir müssen aber auch nüchtern sehen, dass das für uns finanziell immer schwerer zu stemmen ist.“ Man wolle sich auch weiterhin mit dem Dom aktiv und engagiert in das kulturelle Leben der Stadt einbringen. Die Beteiligung an Projekten wie der Kulturnacht oder am Tag des offenen Denkmals sei daher auch weiterhin geplant. Natürlich sind hier auch die Nibelungenfestspiele zu erwähnen, bei denen der Dom gern als der eigentliche Hauptdarsteller bezeichnet werde. Auch mit der Reihe der Domkonzerte lade man regelmäßig Menschen ein, den Dom auf besondere Weise zu erleben. Schließlich stünden in den kommenden Jahren auch wieder bedeutende Jubiläen an, die eng mit dem Dom verknüpft seien: im Jahr 2022 etwa das 900jährige Jubiläum des Wormser Konkordats, mit dem der Investiturstreit zwischen Kaiser und Papst beigelegt wurde. Zu diesem Jubiläum sei unter anderem ein Festgottesdienst am 25. September geplant, zu dem bereits der Apostolische Nuntius, der Vertreter des Papstes in Deutschland, zugesagt habe. Aber auch die Tausendjahrfeier des Todes von Bischof Burchard, dem Domerbauer, im Jahr 2025 gelte es schon jetzt in den Blick zu nehmen.
Dass es manchmal auch nicht ganz einfach ist, die religiöse und gottesdienstliche Funktion des Domes mit seiner Bedeutung für den Tourismus zu verbinden, davon kann Martina Bauer ein Lied singen. Sie leitet und organsiert seit Beginn der Corona-Pandemie die Ordnerdienste, die für die Gottesdienste den Einlass und die Einhaltung der Corona-Auflagen sicherstellen. „Wir erleben gerade sonntags während der Gottesdienste manchmal an der Tür heftige und sehr unschöne Szenen, wenn Touristen einfach nicht einsehen wollen, dass sie während des Gottesdienstes unter den geltenden Corona-Richtlinien den Dom nicht besichtigen können.“ Das sei gerade für Menschen, die sich ehrenamtlich für die Ordnerdienste zur Verfügung stellen, nicht eben schön, wenn sie dann auch noch beschimpft würden. Und dass man sich heutzutage fast noch dafür entschuldigen müsse, dass in einer christlichen Kirche sonntags vormittags Gottesdienst gefeiert würde, mache einen manchmal schon sprachlos. Das Unverständnis und die Aggressivität habe in letzter Zeit deutlich zugenommen, nimmt auch der Propst wahr. Das dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die meisten Touristen und Besucher sehr dankbar sind für die Möglichkeit, den Dom zu besichtigen und dass auch Menschen, die sonst mit Kirche und dem Glauben nicht viel anfangen können, oft tief beindruckt und berührt sind von der Atmosphäre und dem Gefühl der Gegenwart Gottes, die sie im Dom spüren. „Das Motto der Tausendjahrfeier des Domes lautete damals „Aufgeschlossen!‘. Das ist für uns nach wie vor das Leitmotiv: Wir wollen den Dom möglichst für alle Menschen offen halten. Ein Eintrittsgeld kommt für uns daher nicht in Frage. Der Dom ist zuerst ein Gotteshaus und kein Museum!“ An diesem Punkt ist der Propst ganz klar.
Foto: Dennis Dirigo / WO!