Es ist noch nicht lange her, da tobte in Worms der Wahlkampf um den Chefsessel im Wormser Rathaus. Die Kandidaten überboten sich mit Ideen, in der Stadt wurden Rosen verteilt und Laternenmasten wurden zu Litfaßsäulen umfunktioniert. All das erwartet Worms nun in den kommenden sieben Wochen erneut, denn am 26. Mai steht eine weitere wichtige Wahl an! An diesem Tag wird nicht nur der neue Stadtrat gewählt, sondern auch die Ortsbeiräte und Ortsvorsteher. Als wären das nicht schon genug Namen, durch die man sich auf dem Wahlzettel arbeiten muss, wird an diesem Sonntag auch über die neue Zusammenstellung des Europäischen Parlaments entschieden. Bis zum Redaktionsschluss meldeten sechs Parteien Listen mit ihren Kandidaten an. Am 8. April endet die Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen. Ob die AfD, wie im letzten Jahr angekündigt, zur Kommunalwahl antritt, war bis zum Redaktionsschluss nicht bekannt.

Herz ist Trumpf bei der Wormser SPD

Eröffnet wurde der Wahlkampf durch die SPD, die bereits zwei Monate nach der Niederlage ihres Spitzenmitglieds Michael Kissel bei der Oberbürgermeisterwahl zu einem Parteitag Mitte Januar lud, bei dem man im Wormser Mozartsaal stolz die Kandidatenliste vorstellte. Obwohl nur 52 Kandidaten zur Wahl zugelassen sind, nominierte man zusätzlich 12 weitere Namen als Ersatzkandidaten. Die Botschaft ist klar und soll suggerieren, dass die SPD immer noch viele Bürger motivieren kann, sich zu engagieren. Unabhängig vom Ausgang der Wahl hat die SPD allen Grund zum Feiern, denn in diesem Jahr steht auch der 150. Geburtstag an. Ganz in diesem Sinne betonte Jens Guth in seiner Rede die historische Bedeutung der Partei, die auch untrennbar mit Worms verbunden sei. Im Bewusstsein, dass auf den Stadtrat große Herausforderungen zukommen, untermauerte der Landtagsabgeordnete dies mit vergangenen Leistungen, wie z.B. im Sozialen Wohnungsbau: „Ohne SPD gebe es keine Wohnungsbau Gesellschaft!“

Genau im Schaffen von günstigem Wohnraum sieht Guth eine der wichtigsten Herausforderungen der kommenden Jahre. Auch Timo Horst, Fraktionsvorsitzender, wirbt damit, dass die SPD die einzige Partei sei, die aktuell erfolgreich hierfür eintrete. Beim traditionellen politischen Aschermittwoch mit Fassbieranstich im Brauhaus 12 Apostel betonte Horst kämpferisch, dass man beim Wohnquartier Gerbergasse in den Bebauungsplan die Vorgabe aufnehmen müsse, dass dort bezahlbarer Wohnraum entstehe. Da der Investor dies wohl nicht freiwillig tun werde, müsse die Stadtverwaltung dies durchsetzen. Insgesamt möchte man eine Quote von 25% erreichen. Bei der Veranstaltung präsentierte man zugleich das neue Parteilogo. Dominiert von einem Herzen und der Wormser Skyline wirbt man folgerichtig mit dem Slogan „Worms im Herzen“. In diesem Punkt liegt die Partei gar nicht so weit von ihrer konservativen Konkurrenz von der CDU entfernt, aber dazu später mehr. Wichtig ist der SPD derzeit darauf hinzuweisen, dass man mit jungen Kandidaten frischen politischen Wind in den Stadtrat tragen möchte. Musterkandidat ist der Informatiker und Juso Mitglied Jonas Deichelmann (Listenplatz 17), der beim politischen Aschermittwoch gleichmal den Fassbieranstich übernehmen durfte. Frischen Wind versprechen auch Tatjana Dietz (Listenplatz 8), stellvertretende Vorsitzende der Jusos, Leon Giegerich, der es gar auf Listenplatz Nummer 3 schaffte, sowie Pavel Zolotarev. Vor allem Letzterer macht derzeit in Facebook mit seinem Listenplatz „007“ auf sich aufmerksam und versucht sich in verschiedenen Fragen zu positionieren, denn eine Kommunalwahl ist letztlich auch eine Personenwahl und untersteht nicht einfach den üblichen Parteigesetzen. So wirbt er aktuell für eine Whatsapp Nummer, unter der illegale Mülldeponien unbürokratisch gemeldet werden können, für eine Schaffung von Parkplätzen oder startete eine Crowdfunding Aktion. Ziel ist es, Geld für einen weiteren Bauwagen für Obdachlose mit Hund zu organisieren. Ein erster Bauwagen wurde bereits vor einem Jahr über eine Spendenaktion angeschafft. Unterstützung bekam Zolotarev damals von Patricia Sonek, die bereits Stadtratsmitglied ist und aktuell auch erfolgreich im selbigen für einen Antrag warb, dass die Stadtverwaltung prüfen solle, wo in Worms ein Tierfriedhof umgesetzt werden könnte. Die spannendste Diskussion führt die Wormser SPD allerdings im Kampf um das Andreasquartier. Geht es nach dem Willen der Genossen, soll dort zukünftig unter dem Namen „Rathaus II“ die Wormser Stadtverwaltung angesiedelt werden. Umstritten ist dieses Vorhaben allerdings, nachdem die CDU das Gelände als möglichen Hotelstandort ins Gespräch brachte und zusätzlich darauf verwies, dass die Kostenplanung von einst nicht mehr haltbar sei. Hier sind sich sogar die beiden Parteien einig, dennoch möchte die SPD einen schnellstmöglichen Umzug. Zuletzt stellte Timo Horst eine Anfrage bezüglich der Mitarbeitersituation im aktuellen Gebäude am Adenauerring. Beantwortet wurde diese Anfrage allerdings nicht von Hans Joachim Kosubek, der für die Bereiche dort zuständig ist, sondern vom Oberbürgermeister höchstpersönlich. Die Antwort liest sich dann auch ganz im Sinne der Partei. Kissel verwies auf den ungemein hohen Krankenstand (41 Tage pro Mitarbeiter) und stellte diesen in direkten Zusammenhang mit der schwierigen Raumsituation, sowie den gestiegenen Arbeitsbelastungen – ein Teufelskreislauf, den es zu durchbrechen gilt. Kissel zieht dann auch das Fazit, dass dringend eine Ersatzunterbringung gefunden werden muss und schreibt: „Im Objekt Andreasquartier sind entsprechende Räumlichkeiten eingeplant“.

Auch die CDU zeigt Herz bei der Kommunalwahl

Auch die CDU sieht zwar die Notwendigkeit, dass die Stadtverwaltung umziehen muss, bringt aber ganz andere Modelle ins Gespräch. Für sie ist das Gelände rund um das ehemalige Gesundheitsamt ein Filetstück, das mitten im touristischen Zentrum von Worms liegt. Zusätzlich zweifeln sie an, dass die Sanierung bzw. ein Neubau derzeit in einem vernünftigen Kostenrahmen realisierbar ist (wir berichteten). Es wird insofern spannend bleiben, wer sich bei dieser Frage durchsetzen wird. Klar ist indes, dass auch die CDU Worms in ihrem Herzen trägt. Einen Tag vor der Logopräsentation der SPD lud die CDU ins Lincoln Theater, wo man das neue Parteilogo vorzeigte, das von Hans Jürgen Doss ersonnen wurde. Auch dies ist geprägt von einem Herzen, das mit dem Slogan „Mit Herz und Hand“ ergänzt wird. Doss betreute bereits den OB Wahlkampf des neuen Oberbürgermeisters Adolf Kessel grafisch und ist sich sicher, dass die Wormser CDU von diesem OB-Bonus bei den Wählern profitieren kann. Es ist ja schon irgendwie beruhigend zu wissen, dass die beiden Fraktionen schon mal mit Herz bei der Sache sind. Ähnlich wie die SPD möchte sich die CDU bei der Kommunalwahl verjüngen und schickt Politnovizen wie u.a. Benedict Schulz (bekannt durch Szene9, Listenplatz 15) oder den Jurastudenten und JU Mitglied Leon Sennhenn (Listenplatz 25) ins Rennen. Inhaltlich konzentriert sich die CDU auf fünf Themenkomplexe „Soziales/Integration/Senioren“, zum anderen „Jugend/ Kultur/Bildung“, aber auch „Wirtschaft/Tourismus“ nebst „Lebensqualität/ Sicherheit“ sowie „Umwelt/Klimaschutz/ Radwege“. Im Grunde umfasst das alle Bereiche, die für die Bürger von Belangen sind. Vorgestellt werden diese Themen in einem angestrebten Bürgerdialog am 1. April (Termin fand nach Redaktionsschluss statt). Bekannt ist schon mal, dass die CDU sich für einen Ausbau des Radwegenetzes stark macht. Ziel ist es, alle Stadtteile mit der Innenstadt und untereinander zu verbinden. In Anbetracht dessen, dass in einem städtischen Papier erklärt wird, dass man den aktuellen Fahrradanteil von ca. 14% auf rund 25% erhöhen möchte, ist das eine Notwendigkeit. Bei einem Pressetermin stellte Fraktionsvorsitzender Klaus Karlin ein Konzept zur Realisierung inklusive möglicher Finanzierung vor. Realisierbar sieht Karlin im Gespräch mit WO! durchaus auch die Möglichkeit zur Schaffung von bezahlbaren Wohnraum. Karlin erklärt, dass es hierfür nötig sei, bei Bauprojekten eben nicht immer den höchsten Standard anzusetzen, wie es bisher von der Stadtverwaltung gefordert wird. Karlin verspricht, dass unter Kessel und der CDU Stadtratsfraktion sowohl Stadtverwaltung als auch die Wohnungsbau sinnvoller eingebunden werden sollen. Als Beispiel, wie man Ressourcen verschwendet, nennt er unverhohlen das anstehende Bauprojekt am Fischmarkt, das unter Zustimmung von SPD, FDP und Die Grünen im Stadtrat grünes Licht bekam. „Es ist ein Desaster, dass die Wohnungsbau hier bauen muss. Nicht, weil sie es nicht kann, sondern weil sie dadurch ihre eigentlichen Aufgaben nicht wahrnehmen kann“, so Klaus Karlin.

Eine umweltbewusste Zukunft für Worms mit den Grünen

Radwege und die Entwicklung des Verkehrs sind Themen, die den Grünen naturgemäß sehr am Herzen liegen. Die Grünen, die derzeit mit fünf Sitzen im Stadtrat vertreten sind, sehen in ihrem Wahlkampf ebenfalls den Ausbau des Radwegenetzes als dringend notwendig. Überdies möchten sie eine offene Auseinandersetzung zu den Themen ÖPNV-Anbindung und Ladeinfrastruktur bei der Planung von Industrie- und Gewerbegebieten, sowie einen möglichen Verzicht auf die lange geplante Krankenhaustangente. Neben der Reduktion von Schadstoffemissionen möchte man auch eine Reduzierung des Verkehrslärms erreichen. Wer neben stark befahrenen Straßen wohnt, weiß, wie belastend Straßenverkehr sein kann, insofern sind neue Verkehrskonzepte unabdingbar mit dem Begriff Lebensqualität verbunden. Umweltfreundlich ist auch der angestrebte Verzicht auf Plastikgeschirr bei öffentlichen Veranstaltungen, wozu man jüngst im Stadtrat einen Antrag stellte. Einen Mitstreiter hat man bei diesem Thema in der SPD gefunden, die den Antrag im Stadtrat unterstützten. Zwar sieht die Stadtverwaltung nicht unbedingt Handlungsbedarf, nach längerer Debatte im Stadtrat wurde der Antrag aber dennoch angenommen. Man mag dies als Kleinigkeit für Worms abtun, in Verbindung mit der angestrebten zukünftigen Vermeidung von Plastikmüll ist das aber sicherlich keine Kleinigkeit. Wenn man beobachtet, was bei einer ausverkauften Veranstaltung im Mozartsaal (1.200 Personen) an Einwegbechern über die Theke geht, lassen sich bereits die Müllberge am Folgetag erahnen. Personell gehen „Die Grünen“ mit 46 Kandidaten in die bevorstehende Wahl, darunter sind ebenfalls Neulinge wie Christian Engelke (Listenplatz 5), der im vergangenen Jahr den Verein Rekiz ins Leben rief, der wiederum seitdem den kleinen, aber feinen Regionalladen „Lotte“ in der Rotkreuzgasse betreibt. Auf den Spitzenpositionen finden sich die bisherigen Stadtratsmitglieder Richard Grünewald (1), Katharina Schmitt (2) und David Hilzendegen (3).

Klasse statt Masse mit der FDP

Im Gespräch mit unserem Magazin (WO! 03/19) rechnet Jürgen Neureuther, Fraktionsvorsitzender der FDP, damit, dass es der Partei möglich ist, fünf Plätze bei der Kommunalwahl am 26. April für sich zu gewinnen. Neben den erfahrenen Stadtratsmitgliedern Neureuther und Sabine Sackreuther setzt die Partei auch auf frischen Wind und positioniert politische Neulinge, wie z.B. Sebastian Buscher. Bisher ist die FDP mit drei Stadträten vertreten. Im Interview (WO! 03/19) erklärte Neureuther, dass es zu den Kernzielen gehöre, aus der Innenstadt keine verkehrsberuhigte Zone machen zu wollen und ergänzt, dass man dementsprechend keinen weiteren Rückbau von Parkplätzen zulassen möchte. Wie bereits in der OB Wahl macht sich die FDP weiterhin stark für eine Senkung des Hebesatzes der Gewerbesteuer um 10%-Punkte. Für viele Anlieger dürfte es erfreulich sein, zu hören, dass man auch die ungeliebten Anliegerbeiträge bei Straßenbaumaßnahmen abschaffen möchte und Worms als Wirtschafts- und Bildungsstandort durch die Schaffung eines Wirtschaftsgymnasiums an der BBS stärken möchte, dazu gehört auch die Stärkung der Innenstadt als attraktive Einkaufs- und Tourismusstadt. Ein Ziel, das die anderen Parteien derzeit fraglos unterstützen würden, ist, dass man für ein sicheres Worms eintreten möchte. Wie allerdings die FDP als Stadtrat einen erhöhten Polizeieinsatz erreichen möchte, lässt sich im Moment noch nicht beantworten.

Die Partei für die „kleinen Bürger“ – Die Linken

Nicht so erfolgreich läuft es in Sachen Anträge derzeit für „Die Linken“. In der Sitzung vom 20. März musste der Fraktionsvorsitzende Franz Lieffertz die Erfahrung machen, dass man letztlich lieber über die Notwendigkeit eines Tierfriedhofs diskutiert, als über die Wohnungsnot alleinstehender Frauen. Dementsprechend enttäuscht zeigte er sich in einem Text, den er bei Facebook veröffentlichte. Teil des Antrags war es, zu prüfen, ob es möglich sei, den leerstehenden Teil des Hochstifts zu Wohnungen umzufunktionieren, um günstigen Wohnraum für alleinstehende und alleinerziehende Frauen zu schaffen. Der Pressesprecher und letztjährige OB-Kandidat Georg Gräff betont im Gespräch mit WO!, dass die Schaffung von günstigen Wohnmöglichkeiten sowieso oberste Priorität habe und verknüpft dies mit den Worten, dass die Linkspartei die Partei für die „kleinen Bürger“ sei. Zukünftige Aufgaben sieht Gräff auch in der Gestaltung neuer Verkehrskonzepte und möchte dementsprechend eine Art Park und Ride Service installieren, sodass z.B. das Wäldchen an schönen Wochenenden nicht von zahllosen PKWs geflutet werden muss. Ebenso möchte er die Möglichkeit prüfen lassen, dass Schüler zukünftig kostenlos ein Maxx-Ticket erhalten. Bisher werden die Fahrtkosten für Schüler von der Stadt nur ab einer bestimmten Distanz übernommen. Gräff gehört zu einem ganzen Schwung neuer Kandidaten, mit denen Die Linken in den Stadtrat einziehen möchten. Insgesamt hat man für die Liste 19 Wormser interessieren können, die Verantwortung übernehmen wollen. Wichtig ist ihm, dass Die Linken wieder aktiver auf sich aufmerksam machen, da es nach dem Umzug des bisherigen Spitzenkandidaten Sebastian Knopf etwas ruhiger wurde. Ein Projekt, das ihm besonders am Herzen liegt, ist die Durchführung eines „Worms Tages“, der z.B. parallel mit den Festspielen stattfindet und bei dem sich die Stadt in ihrer Vielfalt den Festspielbesuchern präsentiert.