Der GroKo wurde ein Denkzettel vom Wähler verpasst, aber Angela Merkel darf trotzdem weiter als Kanzlerin ran. Alle kleinen Parteien haben Stimmen dazu gewonnen, Deutschland ist ein Stück weiter nach rechts gerückt und die SPD hat keine Lust mehr auf Regierung. Wie geht es also weiter in Deutschland? Werden wir schon bald von einer Jamaika-Koalition regiert?

Die Frage, wie es mit den Sozialdemokraten nach dem schlechtesten Ergebnis aller Zeiten weiter geht, beantwortete die Parteiführung noch am selben Abend. Auch wenn die SPD im Wahlkampf ziemlich viel falsch gemacht hat, muss man Respekt zollen für die Entscheidung, dass man sich nicht für eine weitere Regierungsbeteiligung anbietet, sondern stattdessen die Oppositionsrolle annehmen will. Vor dem Hintergrund, dass ansonsten die AfD Oppositionsführer wird, ist das zweifellos die einzig richtige Entscheidung. Zu kurz gedacht wäre allerdings, wenn man das desaströse Wahlergebnis alleine auf die Juniorpartnerschaft in der Großen Koalition schiebt. Eine Neufindung in der Opposition wird nur gelingen, wenn man auch wirklich einen echten Neuanfang wagen will. Bereits 2009, nach der klaren Niederlage von Frank-Walter Steinmeier, wollte man zurück zu echten sozialdemokratischen Inhalten und hat das bis heute nicht überzeugend geschafft. Zwar setzte Kanzlerkandidat Martin Schulz im Wahlkampf auf das Thema „soziale Gerechtigkeit“, lieferte aber anschließend nicht die entsprechenden Inhalte. Wenn die Partei wieder zur alten Stärke zurückfinden will, ist es zudem zwingend nötig, ein paar alte Zöpfe in der Parteispitze anzuschneiden, die schon seit Jahren dafür verantwortlich sind, dass sich die SPD in der Zeit nach Schröder kontinuierlich hin zu einer 20-Prozent-Partei entwickelt hat, weil sie in der Großen Koalition zum „linken Flügel der CDU/CSU“ mutiert ist.

Angie und sonst nichts
Derweil setzte die CDU im Wahlkampf voll auf ihr Zugpferd Angela Merkel. Mit Slogans wie „Erfolgreich für Deutschland“ oder „Klug. Besonnen. Entschieden. Damit unser Land auf dem Erfolgsweg bleibt“ warb die Kanzlerin um Wählerstimmen. Zwischenzeitlich hat der Vorstand der Werbeagentur Jung von Matt, die für die CDU-Kampagne zuständig war, eingeräumt, Fehler begangen zu haben. Man habe sich zu sehr auf den Zweikampf mit Martin Schulz konzentriert und danach übersehen, wie die Situation im Land tatsächlich gewesen sei. Da wirkten Slogans wie „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“ fast schon wie Helmut Kohls Versprechen von den „blühenden Landschaften“. Womöglich hat sich die CDU nach dem TV-Duell, bei dem Herausforderer Martin Schulz keine nennenswerten Akzente setzen konnte, ein wenig zu sicher gefühlt. Merkels Unnachgiebigkeit in der Flüchtlingsfrage tat ihr Übriges und ermöglichte ein Erstarken der AfD. Dennoch ist es ein Phänomen, dass eine Partei, die über keinerlei Sympathieträger verfügt – egal, ob Gauland, Hoecke, Petry oder Weidel – jeden achten Wähler in Deutschland hinter sich vereinigen konnte, die allesamt nur eines eint: ihre gemeinsame Wut auf bestehende Verhältnisse…

Kommt Jamaika wirklich?
Von der Schwäche der CDU konnte aber auch die FDP profitieren, die sich dank der „One-Man-Show“ von Christian Lindner mit einer zweistelligen Prozentzahl im Bundestag zurück gemeldet hat. Aufgrund der bestehenden Mehrheitsverhältnisse könnten die Liberalen ebenso in der Regierungsverantwortung landen wie die Grünen, die leichte Zugewinne verbuchten und schon seit längerem mit den Christdemokraten flirten. Ob sich die Wähler darüber im Klaren waren, dass sie sich mit einem Kreuz bei der Ökopartei für ein Regierungsbündnis mit Angela Merkel entscheiden, sei allerdings dahingestellt. Die Linken haben zwar Stimmen dazu gewonnen, aber ihr Wahlziel „Platz 3“ verfehlt und mussten AfD und FDP vorbei ziehen lassen. Sollte ein Jamaika-Bündnis tatsächlich kommen, bleibt der SPD gar nichts anderes übrig, als sich in Zukunft für eine Koalition mit den Linken zu öffnen. Mit wem will man sonst noch regierungsfähig werden, wenn sich die Grünen Richtung CDU bewegen und die AfD keine Option ist? Dass eine Jamaika-Koalition aber noch eine schwere Geburt werden könnte, haben die Grünen und die FDP am Wahlabend klar gemacht. Scheitern die Verhandlungen an den Forderungen der kleinen Parteien, stünden als Option nur noch Neuwahlen oder doch wieder eine Große Koalition zur Verfügung. Über einen Rückzieher vom Rückzieher sollte die Parteiführung der SPD aber gar nicht erst nachdenken.