Unesco nimmt SchUM-Stätten in die Liste des Welterbes auf

Okay, zugegeben, die Überschrift ist natürlich nicht ganz korrekt, denn nicht wir, sprich Worms, sind zum Welterbe ausgerufen worden, sondern das jüdische Erbe dieser Stadt. Zusammen mit den beiden Städten Speyer und Mainz wurden die sogenannten SchUM-Städte am 27. Juli in die Liste des Unesco-Welterbes aufgenommen.

Es war ein langer Weg, bis es Ende Juli endlich soweit war. Nachdem das Land und die drei Städte bereits seit 2004 die Bewerbung vorbereiteten, wurden die Unterlagen schließlich am 23. Januar 2020 eingereicht. Letztlich ging dann am Tag der Beratung alles sehr schnell. Noch nicht einmal fünf Minuten soll es gedauert haben, bis sich das Unseco-Welterbekomitee bei seiner Tagung in China einigte und den SchUM-Gemeinden bestätigte, dass dieses historische Erbe einen „außergewöhnlichen universellen Wert“ besitze. SchUM ist eine Abkürzung aus den Anfangsbuchstaben der mittelalterlichen hebräischen Städtenamen von Speyer (Schpira), Worms (Warmaisa) und Mainz (Magenza). Während Mainz heute die Muttergemeinde der drei Städte ist, verfügt Worms über das eindrucksvollste Denkmal, den im 11. Jahrhundert angelegten jüdischen Friedhof „Heiliger Sand“. Doch nicht nur dieser findet sich ab sofort auf der begehrten Liste, sondern auch die 1034 eingeweihte Synagoge in der Judengasse, zu der auch die erste überlieferte Frauenschule gehört, die 1212/1213 an die Synagoge angebaut wurde. Ebenso gehören dazu die Mikwe, das jüdische Badehaus, das 1186 fertiggestellt wurde, und die Fundamente des ehemaligen Gemeindehauses, auf dem heute das Raschi-Haus steht mit seiner Ausstellung über das Leben der jüdischen Gemeinde in Worms.

Für die jüdische Gemeinde ist es zugleich eine späte Anerkennung der einzigartigen Bedeutung dieser jüdischen Stätten, denn diese hatten es nicht immer leicht. Bereits 1096 wurde die Wormser Synagoge während der damaligen Pogrome schwer beschädigt. 1349 folgten weitere Angriffe. In dem Novemberpogrom des Jahres 1938 wurde die Synagoge schließlich niedergebrannt. Während des Bombenangriffs 1945 traf es dann noch angrenzende Wohnhäuser in der Judengasse. Nach dem Abtragen der Ruine wurde schließlich die Synagoge wieder aufgebaut. Für Aufregung sorgte zudem im vergangenen Jahr eine geistig verwirrte Frau, die auf dem Friedhof „Heiliger Sand“ rund 50 Grabsteine mit Farbe beschmierte. Letztlich ließen sich die Steine reinigen und fortan wurde der geschichtsträchtige Friedhof, auf dem namhafte jüdische Gelehrte beerdigt sind, von einem Sicherheitsdienst bewacht.

Den Verantwortlichen der Stadt ist insofern klar, dass mit der jüngsten Aufnahme in die Liste auch viel Verantwortung einhergeht, da dieser auch wieder aberkannt werden kann. Die Zeitung Jüdische Allgemeine freute sich dementsprechend: „Zum ersten Mal zeichnet die Unesco jüdisches Kulturgut in Deutschland aus, in dem die begehrte Auszeichnung an die sogenannten SchUM-Städte als Wiege des europäischen Judentums geht.“ Der jüdische Religionslehrer Salomon Rothschild erklärte bereits 1905: „Worms gehört zu den Städten des Abendlandes, an welche sich die meisten und bedeutsamsten Erinnerungen für die Geschichte und Literatur des Judentums knüpfen.“ Die Stadt Worms verspricht zusätzlich zu der geschichtlichen Bedeutung auch einen touristischen Auftrieb. Patrick Mais, Vorsitzender des Vereins Warmaisa, bringt es in einem Gespräch mit der Wormser Zeitung auf den Punkt: „Das ist ein Unesco-Stempel, den wir in die Welt hinaustragen müssen. ‘Schaut nach Worms’, müssen wir rufen.“