Ein Welterbesiegel als touristische Chance für Worms

51 Welterbestätten gibt es in Deutschland. Seit Ende Juli ist auch Worms Heimat einer solch bedeutsamen Stätte, nämlich dem jüdischen Worms, das zusammen mit Speyer und Mainz als SchUM-Städte nun auf der begehrten Liste des UNESCO-Welterbes steht. Begehrt deswegen, weil eine solche Ehre auch ein touristisches Pfund ist, mit dem sich Geld verdienen lässt.

EIN IDEENWETTBEWERB SOLL‘S RICHTEN

Auch die Unesco ist sich dessen bewusst, weshalb zusätzlich zum Nominierungsdossier von der Institution ein Managementplan gefordert wurde, in dem ein „welterbeverträgliches Tourismuskonzept“ entwickelt wird. Erarbeitet wurde dies von dem Verein Schumstädte e.V., deren Vorsitzende Dr. Susanne Urban ist, in Kooperation mit der Universität Heilbronn. Zentraler Bestandteil ist hierbei jeweils ein Tourismuscenter in den drei Städten. Dort soll unter Verwendung virtueller und digitaler Technik das historische Erbe für Besucher ansprechend aufbereitet werden. Gab es ursprünglich Pläne von Seiten der Stadt, diesen in unmittelbarer Nähe zu dem Friedhof „Heiliger Sand“ zu platzieren, ist mittlerweile der Standort offen, wie Kulturkoordinator Dr. David Maier im Gespräch mit WO! verrät. Maier erklärt hierzu, dass es in den nächsten Monaten einen Ideenwettbewerb geben soll, der sowohl Standort als auch Gestaltung klären soll. Maier ergänzt aber auch, dass ein abschließendes Tourismuskonzept derzeit im Verbund mit den beiden anderen Städten erarbeitet wird, da man schließlich zu dritt das wertvolle Erbe verwaltet. Auch hier ist federführend der Verein, der seinen Hauptsitz in Worms hat, verantwortlich. Maier rechnet damit, dass hoffentlich im November Ergebnisse vorgestellt werden.

INTERNETPRÄSENZ UND KLEINER SCHUM-SHOP

Erste Schritte gibt es bereits in der gemeinsamen Vermarktung des Welterbes. So informiert die Internetseite www.schumstaedte.de unter der Rubrik Tourismus über die kulturell-historisch bedeutsamen Stätten in Speyer, Worms und Mainz, lenkt den Blick auf die eigens entwickelte SchUM-App, bei der allerdings eine Beschreibung des Mainzer Erbes fehlt, sowie auf die zahlreichen Führungen, die in Worms in Verbindung mit dem jüdischen Erbe angeboten werden. Zudem finden Interessierte einen Shop auf der Homepage, dessen Produktauswahl (Tassen, Poster, Kippa, Stofftasche) allerdings noch recht übersichtlich ist. Außerhalb des Internets findet man derzeit die kleine Auswahl an SchUM-Produkten nur noch bei der Tourist-Information. Wer freundliche Grüße aus der SchUM Stadt Worms versenden möchte, hat aktuell Pech, denn Postkarten, die auf das wichtige Erbe verweisen, gibt es bisher noch nicht. Kunsthändler Matthias Steuer hat diese Lücke längst erkannt und lässt derzeit nach dem Vorbild seiner beliebten Worms 3D-Karte eine Welterbe-Karte produzieren. Untrennbar verbunden mit Tourismus ist natürlich auch das Thema Kultur. Wahrscheinlich von einem Großteil der Bevölkerung unbemerkt, fanden in diesem Jahr die SchUM-Kulturtage bereits zum 17. Mal statt. Dazu gehörte unter anderem die spannende Dauerlesung mit Karl-Heinz Deichelmann. Festhalten muss man aber auch, dass die Veranstaltungen im Regelfall Nischenevents sind, die eher eine kleine Gruppe ansprechen. Wie man mit dem Welterbesiegel erfolgreich für mehr Tourismus werben kann, zeigt das Beispiel des rund 50 Kilometer entfernten Bingen. Obwohl Bingen selbst nicht zum Welterbe zählt, sondern das Mittelrheintal, vermarktet Bingen seinen Status als Tor zum Welterbe sehr offensiv. Vielleicht lohnt insofern ein scharfer Blick an die nördliche Grenze Rheinhessens.

DEUTSCHE WEINKULTUR ALS WELTERBE

Doch SchUM ist nicht das einzige touristische Potential in Verbindung mit der Unesco, das Worms nutzen könnte und sollte. Weitestgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde im März dieses Jahres die Deutsche Weinkultur zum immateriellen Kulturerbe ernannt. Die Nachbarstadt Mainz hat das Potential längst erkannt. In einem Artikel des Stadtmagazins „Mainzund“ heißt es dementsprechend:

„Wein ist in Rheinland-Pfalz fraglos ein Stück der allgemeinen Lebenskultur, für Mainz, immerhin deutsche Weinhauptstadt, gilt das ganz besonders – nun wird das sogar ganz offiziell gewürdigt: Die Deutsche Weinkultur gehört jetzt zum Immateriellen Kulturerbe der Unesco.“

Für die drittgrößte Weinbautreibende Gemeinde im größten Weinanbaugebiet Deutschlands sollte es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, auch auf dieses enorm wichtige Erbe zu verweisen.