Fünf Spiele waren bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe absolviert. Ein erstes Zwischenfazit fällt positiv aus, denn bei der fast komplett neu formierten Wormatia läuft es besser als gedacht. Nach dem sportlichen Abstieg im Vorjahr hat der Wormser Trainer den Kader ausgemistet und setzt konsequent auf die Jugend. Und die dankt es ihm mit hoher Laufbereitschaft, großem Einsatz und ganz viel Herzblut. Trotzdem trägt der aktuelle Erfolg vor allem einen Namen: Sascha Eller.
Nach den beiden vermeintlichen Hochkarätern auf der Wormser Trainerbank, Stefan Emmerling und Hans-Jürgen Boysen, übernahm gegen Ende der letzten Saison einer das Ruder bei der Wormatia, der zuvor die zweite Mannschaft des VFR trainiert hatte und mit 37 Jahren noch als Greenhorn der Trainerriege gilt. Zu allem Überdruss steht auf seinem Pass auch noch „geboren in Worms“. Trotzdem schaffte Sascha Eller bereits zum Endspurt der Vorsaison etwas, was seinen Vorgängern vergönnt blieb: Die Mannschaft trat als Team auf. Ihm war es gelungen, für Zusammenhalt in einer Truppe zu sorgen, die genau das in den Spielen zuvor gänzlich hatte vermissen lassen. Eller sortierte die aus, die sowieso nicht mit dem Herzen bei der Sache waren und erkannte, was die Jungen den Alten voraus hatten: Laufbereitschaft und Spritzigkeit. Anstatt auf satte Altstars setzte Eller damals wie heute konsequent auf die Jugend, führte Nachwuchsspieler wie Hiemeleers oder Weisenborn an den Kader heran und erkannte schnell die größte Schwachstelle. Nach dem Abgang des antrittsschnellen Martin Röser zu Wehen-Wiesbaden hatte der Verein danach unter Emmerling auf den Außen keine Spieler, die ein hohes Tempo gehen konnten, was nicht nur das Umschalten von Abwehr auf Angriff erschwerte, sondern ebenso ein effektives Konterspiel nahezu unmöglich machte. Wenn man sieht, mit welcher Geschwindigkeit heute Saiti oder Wolfert die Außenbahnen beackern, möchte man gar nicht mehr an 2013 zurückdenken, als ein Srdjan Baljak auf der linken Seite entlang getrabt ist. Ganz davon abgesehen, dass die aktuelle Mannschaft von der ersten Minute an Gas gibt und 90 Minuten lang mit großem Einsatz spielt. Auch das hatte man in der letzten Saison allzu oft vermisst.
Ein Neues Team
Schon im ersten Saisonspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern war von Beginn an erkennbar, dass da eine andere Mannschaft auf dem Feld stand. Nach einer großartigen ersten Halbzeit, bei der endlich wieder der Einsatz stimmte, wurde die junge Mannschaft von Sascha Eller mit großem Applaus in die Kabine verabschiedet. Als dann kurz nach der Pause der Führungstreffer für die Roten Teufel fiel, zeigte die Mannschaft mit dem Sonntagsschuss des erst kurz zuvor eingewechselten Tino Loechelt direkt eine Reaktion. Dass am Ende trotzdem eine vermeidbare 1:3-Niederlage stand, war auch dem Umstand geschuldet, dass der Schiedsrichter beim Stand von 1:2 einem klaren Tor von Florian Treske die Anerkennung versagte. Nach einer zu kurzen Rückgabe hatte Saiti nachgesetzt und war eher am Ball als der herausstürzende Pollersbeck im Lauterer Tor, so dass Treske den Abpraller zum Ausgleich einschieben konnte (84.). Acht von zehn Schiedsrichtern lassen hier weiter laufen, Stefan Faller aus Karlsdorf-Neuthard wertete dies als Torwartfoul. Gegen aufopferungsvoll kämpfende Wormser erzielten die Lauterer kurz vor Schluss nach einem Konter schließlich das 3:1. Die verlorenen Punkte sollte sich die Wormatia früher als erwartet zurückholen, gelang doch in Trier ein glücklicher, aber nicht unverdienter 2:1-Auswärtssieg in der „zweitältesten Stadt Deutschlands“. Sicherlich begünstigt durch ein frühes Eigentor der Trierer war es nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich (43.) dem Ex-Bürstädter Ali Özgün vorbehalten, mit einem Kopfballtreffer in der 73. Minute für einen historischen Siegtreffer zu sorgen. Erstmals nach 28 Jahren war mal wieder ein Sieg bei dem alten Rivalen Eintracht Trier gelungen. Das war Balsam für die Wormser Seele. Nicht zum ersten Mal hatte Trainer Eller den Erfolg eingewechselt. Mehring (kam für Zinram/59.) hatte den Ball erobert, passte auf Sascha Wolfert (ab 57. für Hiemeleers), der sich auf rechts durchtankte und eine saubere Flanke auf den dritten eingewechselten Spieler Özgün (63. für Loechelt) schlug, der mit einem wuchtigen Kopfballtreffer vollendete.
Die Moral stimmt
Dem ersten Dreier folgte ein hochklassiges 0:0 zuhause gegen Kickers Offenbach vor 2.400 Zuschauern. Auch hier legte die Wormatia los wie die Feuerwehr und hatte bereits in den ersten 20 Minuten mehr Chancen als in der letzten Saison in einem ganzen Spiel. Entsprechend euphorisch wurde die junge Truppe in die Halbzeit verabschiedet. In der 2. Hälfte hatte sich die OFC-Defensive besser auf den Wormser Angriffswirbel eingestellt, so dass am Ende ein torloses Unentschieden stand, sowie die Erkenntnis, dass man „eigentlich“ hätte gewinnen müssen, aber zum Schluss mit einem Mann weniger (Gelb-Rot für Himmel/87.) auch hätte verlieren können. Und in der letzten Saison wäre das Spiel vermutlich auch noch verloren gegangen. Dass die Moral innerhalb der Mannschaft intakt ist, zeigte sich auch eine Woche später in Kassel. Als es beim Stand von 1:1 innerhalb von zwei Minuten zwei rote Karten (eine vertretbar/ Maas 39., eine vollkommen unberechtigt/ Gopko 41.) gegen die Wormatia setzte, stemmte sich das Team mit Mann und Maus gegen eine Niederlage und musste erst in der 83. Minute den Gegentreffer zum 1:2 hinnehmen. Selbst mit nur neun Mann hätte man kurz vor Schluss beinahe noch den Ausgleich erzielt. Da in Folge dessen zwei Mann aus der Viererkette wegen ihrer Platzverweise gesperrt waren, griff Eller vor dem Heimspiel gegen FK Pirmasens auf den Trick zurück, den er schon in der zweiten Hälfte in Kassel angewandt hatte. Björn Weisenborn übernahm Gopkos Rolle auf rechts und der etatmäßige Mittelstürmer Özgün rückte in die Innenverteidigung. Da zudem Kapitän Maximilian Mehring kurzfristig ausfiel, musste Eller gleich dreifach umbauen. Trotzdem fand sich überraschend auch Sascha Wolfert (zusammen mit Zinram) auf der Ersatzbank wieder, während der junge Loechelt, Hiemeleers und der Last-Minute Neuzugang Findik von Beginn an spielten. Auch wenn man aufgrund der personellen Umstellungen manchmal die Luft anhalten musste und ein etwas mutigerer Gegner als Aufsteiger Pirmasens die Schwächen vielleicht konsequenter ausgenutzt hätte, stand am Ende ein 2:0-Sieg, der nach dem Elfmetertreffer von Stulin (24.) erst durch die späte Entscheidung von Florian Treske (90.) sichergestellt wurde.
Wormser Blut
Somit hat man nach fünf Spielen bereits sieben Punkte erzielt und sich gemütlich im Mittelfeld der Tabelle eingenistet. Das war mit diesem jungen Team – zudem noch vor dem Hintergrund des schweren Auftaktprogramms – nicht unbedingt zu erwarten. Die 14 Spieler, die gegen FK Pirmasens aufgelaufen sind, hatten ein Durchschnittsalter von 22,14 Jahren. Was aber noch viel wichtiger ist: Die Chemie zwischen Trainer und Mannschaft scheint zu stimmen, an kleinen Gesten ist dies immer wieder zu erkennen. Trainer Sascha Eller verkörpert den modernen Typus eines Trainers, der viel mit den Spielern spricht, sich in manchen Fragen auch mit Führungsspielern berät, aber doch immer wieder selbständig Entscheidungen trifft, die sich als spielentscheidend entpuppen. Die wirklich großen Trainer hat man stets daran erkannt, dass sie dank unorthodoxen Entscheidungen ihre größten Erfolge gefeiert haben. Sascha Eller ist diesbezüglich auf einem guten Weg. Auch hat er es allem Anschein nach geschafft, seinem relativ jungen Kader klar zu machen, was es heißt, den Drachen auf der Brust zu tragen. Einsatz, Willen und Kampfbereitschaft sind die Tugenden, die man in Worms voraussetzt. Wenn man verliert, dann bitte erhobenen Hauptes und weil der Gegner nun mal stärker war. Aber bitte nicht, weil es am Einsatz gefehlt hat. Schon nach dem fünften Spiel haben die Wormatia Fans wieder „Wormser Buwe“ angestimmt, seit jeher der Ritterschlag für eine Mannschaft, wird doch damit zum Ausdruck gebracht, dass die Spieler das „Wormser Blut“ verinnerlicht haben. Und weil das Zusehen richtig Spaß macht, wird die Mannschaft derzeit auch großartig unterstützt. Trotzdem wird das sehr junge Team noch den einen oder anderen Rückschlag erleiden und Phasen durchleben, wo die Unbekümmertheit weg ist und Siege ausbleiben. Umso wichtiger, dass man dann mit Sascha Eller einen Trainer hat, der die besten Voraussetzungen mitbringt, ein Großer seines Fachs zu werden. Alles wird gut.