Nach aktuellem Stand bewerben sich, neben dem aktuellen Amtsinhaber Michael Kissel, noch fünf weitere Kandidaten um das Amt des Oberbürgermeisters der Stadt Worms. Die FWG Bürgerforum hat keinen eigenen Kandidaten, wird aber die Kandidatur des parteilosen Peter Englert unterstützen. Alle anderen im Wormser Stadtrat vertretenen Parteien haben sich letztlich dazu durchgerungen, einen eigenen Kandidaten zu stellen. Am 4. November 2018 wird gewählt.


Mehr als einfach nur ein „e“ statt „i“
Adolf Kessel (CDU)

21 Jahre ist es her, dass die CDU in Worms zuletzt den Oberbürgermeister stellte. Wilhelm Neuß lenkte von 1977 bis 1987 die Geschicke der Stadt. Es war das einzige Mal in der Geschichte von Worms, dass ein CDU Politiker das höchste Amt in der Stadt begleitete. Diese Erfolgsgeschichte soll sich nun am 4. November wiederholen.

Um das zu erreichen, setzt Adolf Kessel vor allem auf seine langjährige politische Erfahrung. 1999 wurde Kessel zum Ortsvorsteher von Rheindürkheim gewählt und vertritt den Stadtteil seitdem auch im Wormser Stadtrat. Seit 2009 ist der gebürtige Wormser für seine Partei auch im Mainzer Landtag, bis dahin arbeitete er beim Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz. Kessel ist Arbeitskreissprecher der CDU-Landtagsfraktion für Soziales und Arbeit, Beauftragter für Integration sowie Mitglied im Ausschuss für Soziales und Arbeit und im Ausschuss für Gesellschaft, Integration und Verbraucherschutz. Eigentlich sah seine Lebensplanung eine Kandidatur als Oberbürgermeister nicht mehr vor, dennoch betont er bei seinen Reden, dass er zu 100 Prozent hinter dieser Entscheidung stehe. In seinem bisherigen Wahlkampf macht Kessel immer wieder deutlich, dass es nicht einfach nur ein „e“ im Nachnamen ist, das ihn von seinem SPD Konkurrenten unterscheidet, sondern sein gesamter politischer Stil. Während Michael Kissel bekannt dafür ist, auch mal Entscheidungen ganz im Sinne eines klassischen Parteipatriarchen alleine zu fällen, ist es Kessel wichtig, zuzuhören, Gespräche zu führen und zu reflektieren. Ganz in diesem Sinne befindet sich der Politiker seit Juli auf seiner „Kessel hört zu – Tour“. Unermüdlich reist er durch die Wormser Stadtteile, um sich den Sorgen der Wormser anzunehmen. Zuletzt tat er dies in Heppenheim und Ibersheim. Besonders in Ibersheim, dem geografisch von Worms weitentferntesten Stadtteil, machte er deutlich, dass es ihm darum geht, alle Wormser zu vertreten und einzubinden. Auch im September wird er fleißig durch Worms touren, um zuzuhören.


„Wir brauchen neue Strategien für Worms“
Ricarda Artelt (FDP)

In Worms leben rund 43.400 Frauen, das ist knapp etwas mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Ein Umstand, der sich in der Wormser Politik nicht widerspiegelt. Vielleicht ändert sich das nach der OB Wahl, dann könnte erstmals eine Frau an der Stadtspitze stehen. Die 44-jährige Ricarda Artelt hat sich dafür entschieden, für die FDP in das Rennen ums Rathaus zu gehen.

Für die FDP arbeitet sie auch als persönliche Referentin des Landtagsabgeordneten Marco Weber. In Essen geboren, lebt sie seit 2015 mit ihren beiden Töchtern hier in der Region, genauer gesagt in Flörsheim Dalsheim. In dieser Zeit hat sie Worms kennen und schätzen gelernt, aber sich auch aktiv mit den Defiziten in der Stadt auseinandergesetzt. „Worms hat viel Potential, das nicht genutzt wird, egal ob das touristisch ist oder in Fragen der gewerblichen Entwicklung“, erklärt sie im Gespräch und betont, dass ein Umdenken stattfinden muss. Weg von den Niedriglohnbranchen, die es hier verstärkt gibt, hin zu mehr Technologiekonzernen. Auf die Frage, wie man das erreichen kann, erklärt sie pragmatisch, dass man selbstverständlich den Hebesatz der Gewerbesteuer absenken muss. Natürlich bedeutet das erst mal weniger Einnahmen, allerdings bedeutet das auch mehr Attraktivität für andere Unternehmen. Also letztlich mehr Geld für die Stadtkasse und mehr Kaufkraft, was sich ebenfalls wieder auf die Entwicklung der Innenstadt auswirkt. Ein Thema, was ihr persönlich sehr am Herzen liegt, ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch hier sieht sie in Worms Nachholbedarf und kritisiert, dass es vor allem für Menschen im Schichtdienst an kreativen Modellen mangelt. Um ihre fehlende kommunalpolitische Erfahrung auszugleichen, nimmt sie derzeit fleißig an den öffentlichen Teilen der städtischen Ausschüsse und Stadtratssitzungen teil. Schnell fiel ihr auf, dass es der Stadt Worms zum Teil an nachvollziehbaren Strategien fehlt. Artelt erklärt dann auch, dass aus ihrer Sicht eine Kommune wie ein Unternehmen geführt werden muss. „Das oberste Ziel muss es sein, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt haben“, sagt sie. Derzeit ist Worms von dieser Entwicklung noch weit entfernt. Um mehr Bürger zu erreichen, wird sie sich in den kommenden Wochen verstärkt in der Stadt präsentieren. „Das Wichtigste ist es, mit den Wormser ins Gespräch zu kommen und ihnen die Möglichkeit zu geben, mich kennenzulernen.“ Dass der Wahlkampf nicht leicht werden wird, weiß sie, aber Ricarda Artelt liebt die Herausforderung.


„Eine gute Führung nimmt sich auch mal zurück“
Richard Grünewald (Bündnis 90 Die Grünen)

„Weniger Ego und mehr Team!“ sagt das langjährige Stadtratsmitglied und OB Kandidat Richard Grünewald und spielt damit etwas verschmitzt lächelnd auf den Wormser Dauer-OB Michael Kissel an und umreißt damit zugleich seinen eigenen Stil, mit dem er das Amt begleiten würde, sollte er gewählt werden.

Der gelernte Winzer und studierte Theologe betonte bereits mehrfach, dass seiner Meinung nach in Worms unbedingt ein politischer Kulturwandel stattfinden muss. „Ich halte nichts davon, wenn Menschen sich nicht für ersetzbar halten und ihr Amt versuchen, mit Machismo auszufüllen. Ein gutes Ergebnis kann nur im Team gefunden werden“ erklärt er und fügt hinzu: „Die Folgen des derzeitigen Führungsstils sind, dass in der Stadtverwaltung ein veraltetes Bereichsdenken vorherrscht, das dazu führt, dass gedeckelt wird und man sich gegenseitig abgrenzt“. Grünewald versteht aber die Rolle des OB eher als jemand, der Menschen und Bereiche zusammenführt. „Ich begreife das Amt als Katalysator und Moderator, aber ich muss auch Input vorgeben, dazu gehört es ebenso, Visionen für die Stadt zu haben“. Die kann der Mann, der sich auch seit langer Zeit für ein Rheinhessen Hospiz engagiert, in Worms nicht erkennen. Auf die Frage, was ihn für den Job als Oberbürgermeister qualifiziere, führt er seine jahrelange politische Erfahrung ins Feld. Als Fraktionssprecher vertritt er im Wormser Stadtrat erfolgreich seine Partei, weitere politische Erfahrung sammelte er im Ortsbeirat Horchheim sowie beim Bündnis Hoher Stein, wo er sich als klarer Gegner von OB Michael Kissel positionierte, der sich für die Erschließung der Agrarfläche hin zum Gewerbegebiet aussprach. Sollte Richard Grünewald Oberbürgermeister werden, so liegen ihm besonders drei Themenschwerpunkte am Herzen. Zum einen möchte er eine Verkehrswende erreichen, sowie die Attraktivität der Wohnstadt Worms betonen und mehr Geld in die Bildung investieren, denn Bildung, so weiß Grünewald, ist die wichtigste Ressource, die wir haben.


„Man wird nicht als OB geboren“
Georg Gräff (Die Linken)

Georg Gräff weiß, dass er ein politischer Novize ist. Aber er weiß auch, dass Passivität nichts verändert. „Wir können nicht als Partei von den Menschen verlangen zu kämpfen, wenn wir uns selbst nicht diesem stellen“, sagt er im Gespräch mit unserem Magazin und erklärt damit, warum er sich dafür entschied am 4. November gegen den Amtsinhaber Michael Kissel bei der OB Wahl anzutreten.

Seit ein paar Monaten ist er Mitglied in der Partei Die Linken. Warum ausgerechnet diese Partei, wollen wir von ihm wissen. Die Linken sind für ihn die einzige Partei, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt, und er fügt hinzu, dass die Probleme, die wir derzeit in Deutschland erleben, seiner Meinung nach vor allem aus einer Neidkultur heraus entstanden sind. Überdies betont der 31-jährige die pazifistische Grundhaltung der Partei, die er in dieser Klarheit bei den anderen Parteien nicht finden kann. Geboren in Heppenheim/Bergstraße und aufgewachsen im hessischen Hähnlein, führte ihn die Liebe bereits vor zwölf Jahren nach Worms. Zunächst pendelte er zwischen Hähnlein und der Nibelungenstadt. Vor fünf Jahren beschloss der gelernte Einzelhandelskaufmann schließlich nach Worms zu ziehen. In diesen Jahren ist die Nibelungenstadt zu einer zweiten Heimat geworden. „Ich finde toll, dass viele Wormser stolz auf ihre Stadt sind und hier das Brauchtum aktiv gelebt wird. Ich sehe aber auch, dass es vieles gibt, was in Worms besser sein könnte“, erklärt der Mann, der sich seit langem gegen Kinderarmut engagiert. Mit einem Seitenhieb auf den OB meint er, „dass es nicht ausreicht, sich auf tollen Festen zu zeigen, sondern es wichtiger ist, den sozial Schwachen zu zeigen, dass man für sie da ist.“ Dass er keine Verwaltungserfahrung hat, findet er keineswegs störend. „Als OB ist es vor allem mein Job, Menschen zusammenzubringen.“ Dennoch weiß er, dass es für ihn in den nächsten zwei Monaten noch viel zu tun gibt, wenn er die Wormser davon überzeugen möchte, ihn zum Stadtchef zu wählen. Die nächste Zeit will er vor allem damit verbringen, durch die Stadtteile zu reisen, um mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen.