Genau genommen hat das so direkt auch niemand behauptet, enthielt doch Susanne Müllers Artikel in der Wormser Zeitung vom 02.04.2014 – „Eindeutig oder zweideutig – Sind Fahnen von Wormatia-Worms-Anhängern „rechtsextreme Codes“? sowieso überwiegend Spekulationen, die dem offensichtlich rufgeschädigten Verein sauer aufgestoßen sind.
Schon die Einleitung des Artikels gleicht einem Mysterium: „Eine rote Flagge. Darauf ein weißer Kreis, davon abgehend vier weiße Streifen mit schwarzen Mittelbalken. Und mittendrin prangt ein Kopf des Film-Haudraufs Bud Spencer – an der Stelle, wo auf gleich gestalteten Fahnen in identischer Farbigkeit üblicherweise das Hakenkreuz zu sehen ist. Mit derlei Botschaften machen Gleichgesinnte in Stadien auf sich aufmerksam – Gleichgesinnte aus der rechten Szene.“ Den Bezug zu Worms lieferte die Autorin gleich hinterher, denn auch im Wormatia Stadion – das, wie die Fußballexpertin der WZ sicher weiß, seit einiger Zeit „EWR Arena“ heißt – sei eine derart „eindeutig zweideutige Fahne“ zu sehen und der Verein habe diese sogar gut sichtbar auf seiner Internetseite platziert. Wer beim Lesen dieser Zeilen nun rätselt, was denn Bud Spencer mit Rechtextremismus zu tun hat, für den hatte Autor und Journalist Ronny Blaschke, von dem das Buch stammt „Angriff von Rechtsaußen – Wie Neonazis den Fußball missbrauchen“, eine ziemlich wachsweiche Erklärung parat, denn „Leute, die solche Fahnen schwenkten, seien nicht unbedingt Neonazis, man kann aber auch nicht beweisen, dass es Demokraten sind“. Verstanden? Solche Fahnenschwenker sind nicht rechts, nicht links – womöglich sind sie sogar fest in Volkes Mitte verankert? Genauso wie die FDP etwa? Liebe Leser, Sie fragen sich nicht zu Unrecht: „Ja, ist das denn jetzt etwa verboten?“
Codes als Erkennungsmerkmal
Überhaupt ist das alles nur sehr schwer zu verstehen, denn im Grunde enthielt der Artikel nicht wirklich etwas Handfestes, was auf Nazis bei der Wormatia schließen lassen könnte. Das wiederum sah Blaschke anders, der im konkreten Fall der monierten Fahne im Wormser Fanblock forderte: „Wenn diese Symbolik selbst von Zuschauern erkannt wird, wenn die Assoziationen haben mit früheren Flaggen, dann muss man das doch ernst nehmen.“ Gleichwohl wollte Blaschke nichts Illegales, allenfalls etwas Anstößiges erkannt haben: „Wenn eine solche Fahne in einem Stadion geschwenkt werde, sei das nicht verboten – weil die Umgestaltung eine Codierung sei, „das macht es ja so schwer“. Spielbesucher könnten sich durch eine solche Symbolik und Farbwahl unwohl fühlen, „und das sollte man als Verein vermeiden oder zumindest darauf hinweisen“. Um noch einmal klarzustellen, was Blaschke, mit Unterstützung der WZ, beanstanden durfte: Die Umgestaltung bzw. Codierung bestand im Falle der besagten Fahne darin, dass statt eines Hakenkreuzes das Konterfei von Bud Spencer zu sehen war. Oder wie Blaschke in der WZ weiter ausführte: „Codes sind mehr als Erkennungsmerkmal für Gleichgesinnte. Sie vermitteln ein Gruppengefühl und transportieren eine politische Botschaft.“ Wohlgemerkt: Auf einer Fahne, die seit gut zehn Jahren im Einsatz war und weder von geschulten Beamten noch von der Öffentlichkeit jemals beanstandet wurde. Wie grotesk, in diesem Zusammenhang von einer „politischen Botschaft“ zu sprechen, wenn diese offensichtlich von niemandem erkannt wurde – außer von Buchautor Blaschke und Frau Müller von der WZ, die auf diese halbseidene Nazigeschichte aufgesprungen war.
Der Fanclub erklärt sich
Die Frage, wie Bud Spencer auf die „eindeutig-zweideutige“ Fahne mit den verdächtigen Farben „rot-weiß-schwarz“ kommt, sollten nun die Mitglieder des Fanclubs „Supporters Worms 97“ beantworten, die sich in ihrer Stellungnahme die eine oder andere Spitze gegenüber der Verfasserin des ebenso ominösen WZ-Artikels nicht verkneifen konnten. Dafür enthielt die Erklärung einen kostenlosen Grundkurs im Schulfach „Bildende Kunst“: „Die Fahne selbst ist rot mit einem weißen Kreuz in der Mitte – diese Art Fahne existiert in allen Stadien, nur die Farbgebung variiert je nach Vereinsfarben. Die Vereinsfarben der Wormatia sind rot-weiß. Die Fahne geht also ausschließlich nach den Vereinsfarben. Der Kopf in der Mitte ist wie bei fast jeder Grafik in schwarz gehalten. Das nennt man in der Regel Kontrast…()… Die vier von außen nach innen laufenden schwarzen Streifen der Fahne, die kurz nach ihrem Beginn schon wieder enden, nennt man Stilmittel. Sie erhöhen den Kontrast des Logos in der Mitte. Dieses Stilmittel bezeichnet man auch als angedeutetes Fadenkreuz, kennt man übrigens aus dem öffentlichrechtlichen Fernsehen beim Tatort-Intro.“
Und Bud Spencer?
Auch die Herkunft des Film-Haudegens Bud Spencer konnte schlüssig erklärt werden. Laut Erklärung der Sups „sehen viele in der Figur eher eine Art Robin Hood, der sich mit unkonventionellen Mitteln und oft unfreiwillig gegen Schurken, Bösewichte und Schwerverbrecher stellt. Bud Spencer ist durch alle Fanszenen in Deutschland hinweg ein Symbol gegen Klischees, Vorurteile und Diskriminierung, ähnlich Ché Guevara in den 60er Jahren und danach, nur eben völlig unpolitisch.“ Den Vorwurf, eine politische Botschaft mit dieser Fahne auszusenden, geschweige denn, beim Erstellen der Fahne irgendwelche rechtsextremen Gedanken gehabt zu haben, wiesen die Sups ebenfalls von sich: „Der von der Redakteurin der WZ kolportierte Zusammenhang mit der Reichskriegsflagge des deutschen Reiches ist überhaupt nicht nachzuvollziehen und zeugt von völligem Unverständnis. Besagte Reichkriegsflagge ist weiß mit schwarzem Kreuz und enthält im zum Flaggenmast zugewandten, oberen Viereck die schwarz-weiß-rote Fahne des deutschen Reiches. Die einzige Gemeinsamkeit, die diese Fahnen haben, ist die Tatsache, dass sie Fahnen sind und ein Kreuz sie teilt. Die Herkunft des Kreuzes auf Fahnen in Europa muss ich hoffentlich nicht erläutern.“
Stellungnahme des Wormatia Vorstandes
Am 08.04.14 folgte auch noch eine offizielle Stellungnahme des Wormatia Vorstandes, der sich wenig erfreut zeigte über die negative PR durch seinen Kooperationspartner und der Autorin Susanne Müller einen Bericht unterstellte, der ihre „Anti-Wormatia-Tendenz“ überdeutlich mache: „Aus Sicht des Vorstandes sind die durch nichts belegten und daher haltlosen Behauptungen der Verfasserin rein spekulativ und führen dazu, einen Personenkreis, der nicht das Geringste mit Rechts am Hut hat, zu diffamieren und zu diskreditieren. Zugleich sehen wir in der Tatsache, dass die Autorin weder gründlich recherchiert, noch mit irgendeinem Verantwortlichen des Vereins Kontakt aufgenommen hat, eine grobe Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht. Neben der rufschädigenden Wirkung für unsere Wormatia verhilft der Artikel außerdem den Rechtsradikalen zu unverhoffter Aufmerksamkeit, die ihnen nach unserer Ansicht keinesfalls gebührt.“
Unverschuldet in Verdacht geraten
Wer übrigens wissen will, warum man dem Verein plötzlich ein Problem mit Rechtsradikalen unterstellt hat, muss in der Historie ein paar Wochen zurückblättern, denn am 20. März 2014 veranstaltete die Landeszentrale für politische Bildung in der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Osthofen eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Rassisten im Abseits – Wie Rechtsextreme den Fußball missbrauchen“. An der fünfköpfigen Diskussionsrunde nahmen auch drei Vertreter des VfR Wormatia teil: die beiden Vorstandsmitglieder Fritz Bergemann-Gorski und Jan Donner sowie der Fan-Beauftragte Alexander Kropp. Diese bekannten freimütig, dass es in den letzten Jahren vereinzelt Zwischenfälle gegeben habe, zuletzt am 30.03.2013 im Spiel gegen den FC Homburg, als ein Gegenspieler von einem einzelnen Fan auf der Gegengerade rassistisch beleidigt wurde und der Verein seinerzeit eine Strafe von 3000 Euro zahlen musste. Aber man habe kein grundsätzliches Problem mit Rechtsradikalen. Der ebenfalls anwesende Buchautor Ronny Blaschke wollte daraufhin erkannt haben, dass man bei der Wormatia automatisch blocken würde, sobald das Thema „Rassismus“ angesprochen werde. Mit der WZ-Redakteurin, die ebenfalls bei der Diskussionsrunde anwesend war, fand Blaschke schließlich jemanden, der bereit war, seine haltlosen Vorwürfe via Tageszeitung zu erweitern.
Aktiv gegen rechts
Es ist in Worms wie in vielen anderen Stadien. Wenn wie zuletzt 700 Besucher kommen, sind bei geschätzt 2 – 4%, die statistisch gesehen zu rechts tendieren, 14 – 28 Besucher NDP-Wähler. Ganz ehrlich: So viele wird man abends im Theater beim „Weißen Rößl am Wolfgangsee“ genauso antreffen. Das entscheidende ist, dass diejenigen, die womöglich rechtes Gedankengut pflegen, es zumindest nicht bei der Wormatia ausleben. Sei es in Form von Schlachtrufen oder Fahnen, genauso wenig wie sich ein CDU-Wähler im Stadion zu erkennen gibt. Das Wormatia-Stadion ist und bleibt politikfrei. Und das ist auch gut so. Das sah der VFR-Vorstand ähnlich: „Wir sind überzeugt davon, dass sich in dieser Fangruppierung, die besonders durch ihre einfallsreichen Choreografien bei Heimspielen wiederholt positiv in Erscheinung getreten ist, keine Personen mit rechtsradikalem Gedankengut befinden. Ganz im Gegenteil: Wie der szenekundige Polizist Dieter Bauer bestätigte, agieren die “Supporters” aktiv gegen Rechts.“ Wie aktiv, sollte sich schon kurze Zeit später, am 5. April im Heimspiel gegen TUS Koblenz, herausstellen. Offensichtlich angeheizt durch die WZ-Berichterstattung tauchte dort dieselbe Person auf, die bereits vor der Funzel und anderen Stellen in der Innenstadt Unterstützungsunterschriften für die NPD gesammelt hatte. Als sich der NPD-Mann nach Spielschluss Richtung Kabineneingang schlich und völlig unnötig einen vollen Bierbecher Richtung Schiedsrichter schleuderte, wurde er von Mitgliedern der Sups gestellt und dem Ordnungsdienst übergeben. Offensichtlich ging es ihm mit dieser Aktion nur darum, die negativen Schlagzeilen über den Verein aufrecht zu halten. Dass ausgerechnet einer der wenigen erkennbaren Rechten im Publikum nun mit Stadionverbot rechnen darf, war dann doch noch ein versöhnlicher Abschluss dieses leidigen Themas um vermeintliche Nazis bei der Wormatia…