Verwaiste Schulhöfe, leere Schulgebäude, ruhige Klassenzimmer – ein Bild, das aktuell in allen deutschen Bildungseinrichtungen zu sehen ist. Auch die Dalbergschule in Worms-Herrnsheim bietet aktuell nur die vorgegebene Notbetreuung für die Kinder an, deren Eltern systemrelevanten Berufen nachgehen und im gesellschaftlichen Kontext gebraucht werden. Doch was ist mit dem Lernen? Wie werden diese Kinder nun „unterrichtet“ und wie erhalten diese ihre Arbeitsmaterialien? Die Grundschule hat sich hierzu intensiv Gedanken gemacht und kam zumSchluss eine neue Art des Unterrichts zu versuchen.„Wir haben uns am ersten Montag nach Beginn dieser Krise getroffen und haben uns ausgetauscht. Dabei ist eine Ideenbörse entstanden, aus der jede Kollegin und jeder Kollege schöpfen konnte“, sagt Andreas Geppert, Schulleiter der Dalbergschule. Konkret bedeutet das nun, dass einige Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit nutzen, den Kindern ihre Arbeitsmaterialien persönlich zuzustellen und werfen diese in den Briefkasten. Andere wiederum nutzen die Homepage als Plattform, um Arbeitspläne und Arbeitsmaterialien hochzuladen, viele Kolleginnen verschicken die Materialien per Mail. „Auf diese Art und Weise, wie schnell und konsequent wir hier alle Lösungen gefunden haben, bin ich als Schulleiter sehr stolz. Bisher gibtes nur positives Feedback seitens unserer Eltern, auch wenn natürlich der Arbeitsaufwand im Elternhaus auch steigt. Aber gemeinsam meistern wir auch diese ungewöhnliche Situation!“, so Geppert.
Ein junger Kollege unterrichtet aber einfach weiter. Wie soll das funktionieren? Er nutzt einen YouTube-Livestream, um mindestens einmal in der Woche Kontakt zu seiner Klasse zu haben. An diesem Livestream können alle Kinder der Klasse 3b teilnehmen. Die Kinder sehen ihren Lehrer am Laptop, Handy oder iPad arbeiten mit ihm…ganz normal eben, wie im Klassensaal. „Die Idee wurde eigentlich durch einen sehr engagierten und netten Vater geboren, der mich darauf ansprach, ob wir das nicht einmal gemeinsam probieren wollen. Zuerst einmal war ich etwas überfahren und überfordert von der Idee, fand jedoch schnell Gefallen daran und finde es inzwischen interessant, meine Klasse übers Internet zu unterrichten“, so Beringer. Bei dieser neuartigen und innovativen Form von Lernen war erst einmal viel Motivation und Engagement, zusätzlich zu den täglichen Unterrichtsvorbereitungen nötig. „Die Kinder betreten einen eigens angelegten Raum, den keiner sonst betreten kann, sofern er nicht die Zugangsberechtigung hat. Dann starten wir die gemeinsame Zeit meist mit Kopfrechnen, schreiben ein Diktat, besprechen Arbeitsergebnisse oder vergleichen Lösungen des vorliegenden Arbeitsplans. Die Kinder sind hierbei zwar nicht für den Lehrer sichtbar, können aber zu jeder Zeit per Chat mit ihm kommunizieren und Fragen stellen, während sie arbeiten“, sagt der junge Lehrer.
Die Rückmeldungen bisher scheinen durchweg positiv, da vielen Kindern der alltägliche, gewohnte Umgang mit ihrem Lehrer und den Mitschülern gefehlt hat. „Viele freuen sich inzwischen auf den Unterricht und auf einmal machen Diktate Spaß!“, sagen viele Eltern über dieneuen Erfahrungen. Am kommenden Freitag ist für die Klasse 3b sogar ein ganz besonderer Tag. Denn an diesem 27.3. wird der Chatraum, in dem der Livestream abläuft noch voller sein, als er sowieso schon ist. Denn Klassenlehrer Dominik Beringer hat das gesamte Kollegium zum Livestream eingeladen, um auch anderen interessierten Lehrkräften zu zeigen, wie einfach und toll es ist, diese Krise zu nutzen, um neue Methoden und Möglichkeiten des Unterrichtens zu probieren. „Das ist eine große Stärke in unserem Kollegium!“, sagt Geppert, der vom Zusammenhalt innerhalb des Kollegiums, auch in diesen schweren Zeiten nicht überrascht ist. Allerdings sind sich sowohl Geppert, als auch Beringer über die Probleme bewusst, die damit einhergehen. Viele Familien brauchen auch jetzt in der aktuellen Lage Unterstützung, sowohl auf technischer Seite, als auch bei diversen anderen Fragen. Beide sind sich einig: „Wir helfen hier, wo wir nur können!“
Text: Dalbergschule
Foto: Eichfelder