Als die Wormatia vor zwei Jahren das Finale des Verbandspokals gegen den SV Morlautern erreichte, da war die Euphorie im Vorfeld so groß, dass knapp 1.500 Wormser Richtung Pirmasens aufbrachen und anschließend bitter enttäuscht wieder nach Hause fuhren. Als die Wormatia nun zum dritten Mal in Folge das Pokalfinale erreichte, da war der Gegner sogar der einst so ruhmreiche 1. FC Kaiserslautern, aber die Stimmung unter den Anhängern hätte nach dem gerade erfolgten Abstieg aus der Regionalliga kaum schlechter sein können. Die ca. 600 Fans, die sich am 25. Mai 2019 trotzdem auf den Weg nach Pirmasens machten, brauchten ihr Kommen nicht zu bereuen – trotz einer äußerst unglücklichen 1:2-Niederlage.

Vor dem Spiel gedachten die Fans beider Lager mit einer Minute Applaus dem an Leukämie erkrankten Jamie Neiß aus Worms, der im Alter von acht Jahren verstorben ist.

Zu groß war die Enttäuschung vieler Anhänger über eine desolate Saison, zu groß die Wahrscheinlichkeit, in der aktuellen Verfassung vom FCK abgeschossen zu werden. Dementsprechend fuhren am 25. Mai 2019 keine 16 (wie 2017), sondern nur fünf Fanbusse zum Sportpark Husterhöhe in Pirmasens. Die Verletztenliste der Wormatia (Colak, Gopko, Volz, Dobros, Ferfelis) und die Ankündigung von Trainer Jones, eher auf Spieler aus der zweiten Reihe setzen zu wollen, schien die Erfolgsaussichten nicht unbedingt zu erhöhen. Dementsprechend war die Stimmung der Wormatia-Fans unter den 7.343 größtenteils dem FCK zuzuordnenden Zuschauern anfangs eher gedämpft. Die größte Fangruppierung „Sups Worms“ hatte im Vorfeld zudem einen optischen und akustischen Boykott angekündigt. Aber wie das oftmals so ist: Wenn man nicht viel erwartet, wird man positiv überrascht. In den ersten Minuten waren es natürlich die Lauterer, die, angetrieben von ihrem lautstarken Anhang, das Spiel übernahmen und eine deutlich reifere Spielanlage zeigten. Aber die gut sortierte Wormser Defensive ließ wenig zu und mit der Lauterer Herrlichkeit war es schnell vorbei. Nach 20-30 Minuten waren es zunehmend die Wormser, die dem FCK den Schneid abkauften und zur ersten nennenswerten Torchance kamen. Die an diesem Tag ungemein agile einzige Sturmspitze, Koki Matsumoto, schüttelte im Laufduell seinen Gegenspieler ab und zog aus 20 Metern ab, FCK-Keeper Grill sicherte den Ball im Nachfassen (33.). Fünf Minuten vor der Pause fiel dann sogar die zu diesem Zeitpunkt nicht einmal überraschende Führung für den forsch aufspielenden Außenseiter. Bei einem Konter trug Malte Moss den Ball über das halbe Feld, passte links rüber zu Luca Graciotti, dessen Flachschuss im langen Eck, direkt vor dem Wormser Fanblock, zur Pausenführung einschlug.

Gleich schlägt der Schuss von Luca Graciotti zur Führung im langen Eck der Lauterer ein.

Im gellenden Pfeifkonzert der Lauterer Fans ging der Applaus des Wormser Anhangs für eine engagierte erste Halbzeit des VfR ein wenig unter. Die Stimmung im Wormser Fanblock war derweil von Skepsis in ein vorsichtig optimistisches „Da könnte heute was gehen…“ umgeschlagen. Von einem akustischen Boykott der Wormser Fans nun keine Spur mehr, derweil waren die Lauterer Fans mehr und mehr verstummt. Nach der Pause war es zunächst erneut Matsumoto, der gefährlich im Lauterer Strafraum auftauchte (48.), aber danach schaltete der Drittligist einen Gang hoch. Folgerichtig fiel in der 55. Minute der Ausgleich durch FCK-Torjäger Christian Kühlwetter. Drei Minuten später mussten die Wormser Fans nach einem Kopfball von Sickinger (58.) noch einmal die Luft anhalten. Danach war die Drangperiode des FCK schon wieder vorbei und es entwickelte sich ein Spiel auf Augenhöhe. Tatsächlich war es der Regionalligist, der mehr zuzusetzen hatte in einer Schlussphase, die noch zwei spielentscheidende Szenen zu bieten hatte. In der 84. Minute zirkelte Wormatias Mittelfeldmotor Sascha Korb einen Freistoß aus 25 Metern mustergültig in den Winkel, aber irgendwie bekam Lauterns Keeper Lennart Grill noch die Fingersitzen an den Ball, der an die Unterkante der Latte prallte und von dort hinter die Linie – die Frage war nur, ob die Kugel die Linie mit vollem Umfang überschritten hatte. Ohne Videobeweis nebst Hintertorkamera fürs bloße Auge nicht auszumachen.

War der Freistoß von Sascha Korb hinter der Torlinie?

Schiri Winter ließ jedenfalls weiter spielen und statt der verdienten Führung gab es in der 90. Minute den Knock-Out für den Außenseiter. Als ein Freistoß in den Wormser Strafraum segelte, griff Linus Radau kurz an das Trikot von FCK-Stürmer Timmy Thiele, der die Einladung dankbar annahm und zu Boden ging. Zum Entsetzen des Wormser Anhangs und unter heftigen Protesten der Wormser Spieler zeigte Schiri Winter auf den Elfmeterpunkt. Erneut Christian Kühlwetter ließ sich das Geschenk nicht entgehen und verwandelte wuchtig rechts oben, obwohl Wormatia-Keeper Keilmann die richtige Ecke geahnt hatte. Auch die TV-Bilder geben keinen Aufschluss darüber, ob es sich um ein elfmeterwürdiges Vergehen handelte. In jedem Fall war es kein Elfmeter, den man in der 90. Minute eines Endspiels pfeift. Womöglich hatte Schiedsrichter Nicolas Winter, der auch zwei Tage später das Freundschaftspiel des FCK gegen Bayern München pfeifen durfte, einfach keine Lust auf Verlängerung bei diesen sommerlichen Temperaturen. Und so hieß der vom Südwestdeutschen Fußballverband sicherlich auch gewünschte Pokalsieger 1. FC Kaiserslautern. Gleichwohl war über 90 Minuten kein Klassenunterschied zu erkennen, so dass auch FCK-Trainer Sascha Hildmann anschließend von einem „sehr, sehr glücklichen Sieg“ sprach. Bezeichnenderweise waren es bei der Wormatia gerade Spieler wie Lukas Radau, Dino Bajric, Torschütze Luca Graciotti oder Koki Matsumoto, die in den letzten Monaten selten berücksichtigt wurden, die ihren Teil zur Klasseleistung der Wormatia beitrugen. Jan-Lucas Dorow (wechselt zu Rot Weiß Essen) und Sascha Korb (wechselt zum 1. FC Schweinfurt 05) haben als Doppel-Sechs überragend agiert, Abwehrchef Tom Scheffel hat als Colak-Vertreter sein bestes Spiel im Trikot der Wormatia gemacht. Taktisch und spielerisch hat es gestimmt bei der Wormatia, Trainer und Mannschaft konnten die Silbermedaille diesmal erhobenen Hauptes entgegen nehmen. Erneut mussten die mitgereisten Wormser Fans mit einer Niederlage im Gepäck die Heimreise antreten, aber diesmal fühlte es sich an, als sei man um den verdienten Lohn betrogen worden; wahlweise von Schiri Winter oder dem Fußballgott. Womöglich war dies für längere Zeit das vorerst letzte Spiel auf großer Bühne für den zukünftigen Oberligisten Wormatia Worms.