"Es geht nicht um die Zuweisung von Schuld"

Schauspieler Christian Berkel (ua. “Operation Walküre”, “Inglourious Basterds) auf den Punkt und erklärte, dass es bei der Erinnerung an die Gräueltaten der Nazis nicht um Schuld geht, sondern um den Versuch, unsere eigene Identität zu schärfen und dabei auch an die ermordeten Menschen zu erinnern.

Anlass für solche mahnenden Worte war Berkels Lesung aus seinem Debütroman „Der Apfelbaum“, in dem sich der bekannte Schauspieler auf familiäre Spurensuche begibt. Und die führte den Nachwuchsautor geradewegs in das Dritte Reich. Anlässlich des Gedenktages der Befreiung von Auschwitz am 27.01. lud der Verein Warmaisa den schreibenden Schauspieler nach Worms ein. Der Vorsitzende Patrick Mais war bei seiner Ansprache im ausverkauften Lincoln Theater sichtlich stolz auf diesen Coup. So betonte er, dass bereits im vergangenen Jahr die Nibelungen Festspiele ohne Erfolg bei Berkel anklopften. Verschmitzt lächelnd betonte Berkel wiederum, dass die Ablehnung einem überfüllten Terminkalender geschuldet war. In den folgenden zwei Stunden fesselte der Schauspieler nicht nur mit vorgelesenen Auszügen aus dem Roman, sondern erläuterte dem Publikum im angenehmen Plauderton immer wieder historische Hintergründe und füllte Leerstellen mit spannenden, aber auch humorvollen Anekdoten aus. Erzählt wird in dem Roman die Geschichte von Berkels Eltern Sala und Otto, die 13 und 17 Jahre alt sind, als sie sich 1932 ineinander verlieben. Sala wird später als Jüdin in einem Lager in den Pyrenäen interniert. Otto ist Arzt der Wehrmacht und gerät in russische Gefangenschaft. Eingebettet sind die Schilderungen in eine Rahmenhandlung, nämlich den Gesprächen Berkels mit seiner an Demenz erkrankten 91-jährigen Mutter über ihre Erinnerungen. Hinzu kommt eine weitere Ebene: ein Erzähler, der sich an den Leser wendet, um das Gehörte zu reflektieren und einzuordnen.

Fazit: Berkel schilderte diese Geschichte so mitreißend, dass er bereits in der Pause alle mitgebrachten Bücher im Lincoln erfolgreich verkaufen konnte. Am Ende zeugte schließlich eine lange Warteschlange für das obligatorische Autogramm von einem erfolgreichen und lehrreichen Sonntagvormittag im Lincoln Theater.                                                                       

Text: Dennis Dirigo, Foto: Andreas Stumpf