18. August 2018 | EWR-Arena in Worms:
8.000 Zuschauer in der ausverkauften EWR-Arena sorgten für eine tolle Atmosphäre und die gute Stimmung hielt in beiden Fanlagern bis zum Schluss – auch auf Wormser Seite, trotz des eindeutigen Ergebnisses. Leider entwickelte sich kein typischer Pokalfight, der nun mal in erster Linie von der Spannung lebt. Dazu war die spielerische Überlegenheit der Bremer zu deutlich sichtbar.
Eine tolle Choreografie der Wormser Fans und grüne Nebelschwaden aus der Bremer Fankurve stimmten auf das Pokalspiel ein. Vor dem Spiel wurden mit Patrick Auracher, Ugurtan Kizilyar und Benjamin Maas drei Spieler aus der Vorsaison verabschiedet, wenig später auf dem Feld hätte man alle drei gut gebrauchen können. Unter den 8.000 Besuchern dürften gut ein Viertel Anhänger von Werder Bremen gewesen sein, denn einige grüne Trikots waren auch auf der Gegengerade auszumachen. Die meisten Besucher hofften auf eine spannende Pokalpartie und womöglich eine ähnliche Überraschung wie 2012 gegen Hertha BSC Berlin. Aber Werder Bremen entpuppte sich als Spielverderber, weil die Hanseaten vom Anpfiff weg keinen Zweifel daran ließen, dass sie das erste Pflichtspiel der Saison gewinnen wollen, während die Wormatia zu brav und mutlos an die Sache ranging. Der Pokal hat zwar seine eigenen Gesetze, aber wenn der Bundesligist von Anfang an ernst macht, wird es sehr schwer, eine Sensation zu landen. Falls eine klitzekleine Chance auf eine Überraschung bestand, dann allenfalls in der 4. Minute, als Mimbala einen Kopfball knapp neben das Bremer Gehäuse setzte. Vielleicht war diese Chance des Underdogs so etwas wie ein Weckruf, denn nun machten die Bremer ernst und es entwickelte sich ein Spiel, das zu keiner Phase auf Augenhöhe stattfand. Zwischen beiden Klubs liegen nicht nur drei Klassen, auch der Unterschied im Etat liegt bei satten 39 Millionen Euro. Zudem kann Werder-Trainer Florian Kohfeldt auf ein eingespieltes Team setzen, das mit dem niederländischen Nationalspieler Davy Klaassen und Osako gezielt verstärkt wurde. Auf der anderen Seite musste Trainer Steven Jones bei Wormatia Worms mit 19 Neuzugängen im Kader eine nahezu komplett neue Mannschaft aufbauen, die erst vier Mal in der Regionalliga zusammen gespielt hat. Von daher beschränkten sich die Hoffnungen im Wormser Umfeld eher auf Werders Neigung in den letzten Jahren, Erstrundenspiele manchmal auf die leichte Schulter zu nehmen. Oder auf Presseberichte, dass Kapitän Max Kruse ein wenig übergewichtig aus dem Urlaub zurückgekommen sei.
Wie auch immer, Kruse war mit 7 Torschüssen und 7 Torschussvorlagen der Aktivposten des Bremer Spiels. „Man of the Match“ wurde allerdings Florian Kainz, der in der 9. Minute einen Freistoß auf den Kopf von Osako flankte, der zum Führungstreffer einköpfte. In der 21. Minute war es Kainz selbst, der mit einem Traumtor genau in den Winkel traf. Damit war der Drops vom Prinzip schon frühzeitig gelutscht. Zu groß war der Respekt vor dem Bundesligisten, der dem Regionalligisten kaum Luft zum Atmen gab, und zu einfallslos agierten die Wormser. Eine typische Spieleröffnung sah in der ersten Halbzeit so aus: Nach dem Abstoß von Torhüter Keilmann zirkulierte der Ball 2-3 Mal in den eigenen Abwehrreihen. Weil sich die beiden Sechser versteckten, die „eigentlich“ für die Spieleröffnung zuständig sind, landete der Ball wieder bei Torhüter Keilmann, der den Ball lang nach vorne schlug und selten einen eigenen Mitspieler fand. Bezeichnenderweise hatte der Schlussmann mit 46 Ballkontakten die meisten auf Wormser Seite. Die Folge der Bremer Dominanz: Philipp Bargfrede traf in der 31. Minute auf Zuspiel des starken Max Kruse, der zehn Minuten später per Foulelfmeter sogar das 4:0 folgen ließ. Ein (vorletzter) lauter Aufschrei ging durchs Stadion, als Mimbala drei Minuten vor dem Halbzeitpfiff per Kopf auf 1:4 verkürzen konnte. Aber in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit stellte Maximilian Eggestein nach einem kapitalen Schnitzer von Radau, der zuvor noch Mimbalas Tor vorbereitet hatte, den Vier-Tore-Abstand wieder her. Mit einem 1:5 in die Kabine, das war, trotz des aufmunternden Beifalls des Wormser Publikums, schon eine ziemliche Klatsche, die sich der VFR in den ersten 45 Minuten eingefangen hatte.
In der zweiten Halbzeit fand die Wormatia besser ins Spiel, natürlich auch, weil die Bremer nun einen Gang zurückschalteten. Die Partie, längst entschieden, hatte nun eher „Testspiel-Charakter“. Ein Tor fiel aber noch in der zweiten Halbzeit, denn Johannes Eggestein erhöhte in der 79. Minute auf 6:1, erneut auf Zuspiel von Max Kruse. Zuvor war es in der 73. Minute ein letztes Mal richtig laut geworden, denn als die fast 40-jährige Werder-Ikone Claudia Pizarro eingewechselt wurde, klatschte sogar der Wormser Anhang.
Überhaupt war die Stimmung bestens, an diesem Tag erlebte Worms ein echtes Fußballfest. Der Bremer Anhang, der mehr als 500 Kilometer Anfahrt in Kauf nehmen musste, feierte seine Mannschaft für einen gelungenen Start in den DFB-Pokal. Die Wormser Fans unterstützten lautstark ihr an diesem Tag hoffnungslos unterlegenes Team bis zum Schlusspfiff und noch lange danach. Gegen diese Bremer war einfach nicht mehr drin. Man kann darüber diskutieren, ob es clever war, den jungen Perric Afari ausgerechnet in einem solchen Spiel zum ersten Mal in dieser Saison ins kalte Wasser zu werfen. Dafür saß Torjäger Dimitrios Ferfelis zunächst nur auf der Bank. Obwohl der in der Bremer Jugend groß gewordene Grieche sicherlich heiß auf dieses Spiel war, durfte er erst ab der 71. Minute ran, als Werder bereits 5:1 führte. An diesen beiden Personalien lag es aber sicherlich nicht, dass Bremen an diesem Tag zu stark für die Wormatia war. Im Jahr 2007 hat die Wormatia schon einmal mit 1:6 in der 1. Runde des DFB-Pokals verloren. Zwischen dem 1:6 gegen den FSV Mainz 05, bei dem die aufopferungsvoll kämpfenden Wormser (mit Trainer Steven Jones als Spieler) in doppelter Unterzahl mit einem 1:1 in die Kabine gingen, und dem Spiel gegen Bremen lagen allerdings Welten.
Gerne öfters solche Spiele
Dass es auch anders geht, zeigten die anderen Vertreter aus der Regionalliga Südwest. Während der SV Elversberg nur knapp gegen den VFL Wolfsburg unterlag (0:1) und der TSV Steinbach beim 1:2 gegen den FC Augsburg zeitweise von einer Überraschung träumen konnte, schaffte der SSV Ulm die große Sensation und kegelte Vorjahressieger Eintracht Frankfurt mit 2:1 aus dem Pokal. Dafür verloren sie drei Tage später am 5. Spieltag der Regionalliga Südwest mit 0:1 bei Wormatia Worms, die sich fortan „Pokalsieger-Besieger-Besieger“ nennen können. Erneut war Ferfelis erst spät ins Spiel gekommen und traf in der 89. Minute zum vielumjubelten Siegtreffer. Trotz der tollen Atmosphäre beim Pokalspiel, die man gerne öfters in Worms hätte, ist der Ligaalltag wichtiger. Der fand dann wieder vor 1.036 Zuschauern statt. Genauso wichtig ist es, in dieser Saison den Fokus erneut auf den Pokalsieg zu legen, damit solche Spiele wie gegen Werder Bremen öfters in Worms stattfinden.