Die FWG-Bürgerforum ist die einzige im Stadtrat vertretene Partei, die keinen eigenen Kandidaten zur OB-Wahl ins Rennen schickt. Dafür ruft man zur Wahl des parteilosen Kandidaten Peter Englert auf. Im Gespräch mit WO! erzählt sein Namensvetter, Mathias Englert, wie es dazu kam, dass sich die FWG-Bürgerforum entschieden hat, einen unabhängigen Kandidaten zu unterstützen.

WO! Wie kam es dazu, dass sich FWG-Bürgerforum dazu entschloss, mit Peter Englert einen unabhängigen Kandidaten zu unterstützen?
Zu uns als ausschließlich kommunaler Wählergemeinschaft passt ein unabhängiger Kandidat hervorragend. Ich bin auch stolz, dass Peter Englert als „echter“ unabhängiger Kandidat die nötigen Unterschriften für seine Kandidatur gesammelt hat und nicht einfach nur von uns aufgestellt wurde. Wir unterstützen ihn in allen Bereichen, denn wir, Vorstand, Fraktion und Mitglieder von FWG-Bürgerforum, haben gemerkt, dass wir in sehr vielen Aspekten zusammenpassen, was wir in ausführlichen Gesprächen im Vorfeld sondiert haben. Für FWG-Bürgerforum ist es wichtig, einen Kandidaten zu unterstützen, der bereit ist, neue Wege in der politischen Auseinandersetzung zu gehen und der auf seine Art Menschen ansprechen kann, die sich bislang nicht von den etablierten Parteien der Kommunalpolitik vertreten gefühlt haben. Und Peter Englert hat uns von seiner Ernsthaftigkeit überzeugt.

WO! Ist es nicht ein gewisses Risiko, jemanden zu unterstützen, der zuvor als Sänger, Schauspieler und Ideengeber für satirische Aktionen aufgefallen ist?
Klar ist das ein Risiko! Worms braucht jedoch zwingend einen Wechsel an der Stadtspitze! Der Amtsinhaber ist sicher erfahrener – aber darin steckt auch die Gefahr eines „das-war-schon-immer-so-Programms“. Worms braucht dringend neue Ideen und mit Peter Englert haben wir jemanden mit frischen Ideen, Begeisterung und dem Mut, die Ideen gegen das Establishment durchzusetzen. Er hat mich und die Mitglieder von FWG-Bürgerforum in den vielen gemeinsamen Gesprächen durch seine Kenntnisse der Lokalpolitik absolut positiv überrascht. Hinter seinen satirischen Aktionen steckt eine Menge sorgfältige Recherche, denn Peter Englert geht es nicht um Beifall für seine Person, sondern er hält den gestandenen Politikern „den Spiegel vor“. Damit bringt er viele Leuten nicht nur zum Lachen, sondern vor allem zum Nachdenken. Gerade weil Peter Englert so ist, wie er ist, kann er eben auch Menschen für kommunalpolitische Themen begeistern, die sich vorher davon nicht angesprochen fühlten. Und etwas mehr Humor in der Stadt tut sicher gut. Vor allem, wenn die Witze nicht auf Kosten anderer gemacht werden.

WO! Kann es aus Ihrer Sicht von Vorteil sein, wenn jemand ohne politische Erfahrung nach dem höchsten kommunalen Amt greift?
Natürlich! Wenn jemand ohne Denkverbote seine Vorschläge einbringt, bereichert das die Stadt. Von der Verwaltung bekomme ich als Stadtratsmitglied viel zu oft zu hören: „Das geht nicht!“ Und so sah die Politik in dieser Stadt in den letzten Jahren aus. Viel wichtiger wäre: „Wie geht es denn sonst?“ Und das erwarten wir auch von meinem Namensvetter. Beweise, dass jemand von „außen“ Gewinn bringt, gibt es viele: Die SPD-Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen hat auch keinen Verwaltungshintergrund. Und in der Stadt Monheim in NRW wurde 2009 ein Student ohne politische Erfahrung Bürgermeister und hat die Stadt komplett entschuldet. Die politischen Kenntnisse für dieses Amt muss sich jeder neugewählte OB erarbeiten, denn jede Kommune ist anders. „OB“ ist kein Ausbildungsberuf und man kann das an keiner Hochschule studieren. Eine scheinbar fundierte berufliche Qualifikation ist kein Garant für eine erfolgreiche Amtsführung.

WO! Sie arbeiten seit vielen Jahren durch den Wormser Stadtrat mit Michael Kissel zusammen. Was kritisieren Sie persönlich an der Amtsführung des amtierenden Oberbürgermeisters?
Am meisten ärgert mich die Informationspolitik des noch amtierenden Oberbürgermeisters. Vieles erfahre ich nur aus den Medien oder gar nicht. Ich empfinde es beispielsweise als Unding, dass ich als Fraktionsvorsitzender nicht über den Besuch von Terence Hill und den Eintrag ins goldene Buch der Stadt informiert worden bin. Außerdem setzt Kissel seinen Willen durch – auch ohne Beschlüsse des Rates. Für den gelungenen (das will ich nicht in Abrede stellen) Rheinland-Pfalz-Tag gibt es keine Haushaltsposition und trotz Nachfrage wurden mir die bei der Stadt verbleibenden Kosten nicht mitgeteilt. Unsere Arbeit als kleine Fraktion im Stadtrat hat uns gezeigt, dass im Rathaus nicht die Interessen der Bürgerinnen und Bürger vertreten werden, z.B. bei der Beteiligung von Ortsbeiräten oder des Stadtrates. Ein weiteres Thema ist sein aus unserer Sicht unmöglicher Umgang mit Kritikern, sei es mit Bürgern oder Stadträten. Von einem OB mit so vielen Jahren im Amt muss man erwarten können, dass seine Amtsführung mit der Würde seines Amtes in Einklang steht. Das wichtigste, was wir an dem jetzigen OB vermissen, ist das Fehlen von innovativen Zukunftsszenarien. Statt Energie darauf zu verwenden, Probleme zu beschreiben und zu erläutern, warum etwas nicht funktioniert, braucht Worms einen OB, der sich Gedanken macht „wie etwas geht“ und nicht „warum etwas nicht geht“.
Denn: Worms will weiter.

WO! Was halten Sie für das wichtigste Thema, welches nach der Wahl unbedingt forciert werden muss?
Die Zukunft dieser Stadt liegt bei der Jugend und hier liegt vieles immer noch im Argen. Obwohl im Jahr 2018 12 Mio. Euro in Schulen investiert werden sollen, ist das angesichts des Zustandes beispielsweise der naturwissenschaftlichen Räume im BIZ eben immer noch zu wenig. Wenn Schulleiter uns berichten, dass bei dem Zustand der Räume nicht lehrplangemäß unterrichtet werden kann, schadet das der nächsten Generation, der wir ja auch noch einen riesigen Berg an Schulden hinterlassen. Das ist jetzt aber nur ein wichtiges Thema, das – so wie viele andere – nur durch einen unabhängigen neuen Oberbürgermeister gelöst werden kann. Hier, wie auch bei den anderen Bauprojekten, braucht es eine qualifizierte nachhaltige Langzeitplanung: wann was mit welcher Priorität saniert wird. Dabei müssen die Bürgerinnen und Bürger unbedingt „mitgenommen“ werden. Dazu muss ein OB seine Amtsstube verlassen und auf die Leute zugehen. Daneben ist die Digitalisierung der Verwaltung ein großes Thema, was angepackt werden muss.