Nach über 40 sozialkritischen Aufsätzen, nun einmal über des „Deutschen liebstes Kind“. Das ist bekanntlich sein „heiligs Blechle“ oder eben sein Auto. Das inzwischen 40- bis 50-millionenfach über unsere Straßen rollt, oder schon wieder in irgendeinem Stau steckt. Glaubte ich früher einmal, dass ein Kraftfahrzeug ein Ding sei, das für den schnellen und bequemen Transport von Mensch und Material sei, so musste ich bald lernen, dass es heute offenbar mehr anderen Zwecken zu dienen hat. Sowas nennt man gewöhnlich eine „Zweckentfremdung“. Mag zwar sein, dass eine solche mitunter ganz nützlich ist, bleibt es doch eine totale Wandlung. Und darüber soll hier die Rede sein.
Um längere Vorreden zu sparen, sowie zum schnellen und besseren Erfassen, nun eine Liste von Zweckentfremdungen des Autos als:
? Prestigeobjekt
? Lustobjekt und Spielzeug für „große Kinder“
? Mittel gegen lästige Langeweile
? „Standzeug“, das 23 Stunden am Tag stillsteht
? Mittel für Wettrennen junger Burschen
? Liebeslaube für Pärchen
? Mittel zum Suizid
Nach soviel über Zweckentfremdungen, nun zu einem Übel in Verbindung mit dem Auto. Bevor man überhaupt damit fahren kann, dreht sich alles um´s Bezahlen. Und schon wird der erste und oft schwerste Fehler gemacht: Indem bei vermutlich der Hälfte aller Autoverkäufer eine „Nummer zu groß“ gewählt wird, verschuldet „man“ sich. Mag das längst als ganz „normal“ gelten, so kann es, im Fall plötzlicher Arbeitslosigkeit oder anderer Zahlungsunfähigkeit zu einer persönlichen Katastrophe führen. Viel kleiner sind fast tägliche Ärgernisse durch sich häufende Staus mit erheblichen Zeitverlusten.
Zwar kann man es nicht verbieten, doch ist bei der Autowerbung etliches nicht gerade fein und/ oder korrekt. Da wird immer mehr vom Spaß und „Fahrvergnügen“ gesprochen, jedoch von den immensen festen und laufenden Kosten beim Auto so gut wie nie. Hatte z.B. der VW-Käfer um 1950 nur kümmerliche 24 PS zu bieten, so ist heute der Durchschnittsmotor, laut Fachpresse, auf unnütze (!) 140 PS vergrößert worden. Der Unsinn dabei hat (mindestens) 2 Seiten. Zum einen „schlummern“ hier die meisten „Pferdchen“ die meiste Zeit, weil bei langsamen Stadtfahrten oder limitierten Autobahntempi, hier ca. 10% und dort nur ca. 30% der eingebauten Motorgröße benötigt werden. Und bei der roten Ampel und im häufigen Stau braucht der Motor null PS, „läuft“ aber (meistens) weiter und macht damit unnötige Kosten. Verschwendung auf Schritt und Tritt! Der ADAC hat in den Sechzigern oder Siebzigern schon festgestellt, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit im Zentrum von Frankfurt/Main lediglich 15 km/h betrug. Und das war just das Tempo der Postkutsche, so vor 200 Jahren. Kommentar überflüssig. Wie nun verträgt sich das mit der modernen Welt, wo überall Sparen und Rationalität die Hauptmaxime sind?!
Auf die verbreitete Renommiersucht sei besonders hingewiesen. Wenn z.B. heutige Luxuskarossen bis über 300-PS-Motoren haben und damit bis 300 km/h rasen können, so ist das die Spitze allen Unsinns! Denn nur noch ganz selten darf jemand schneller fahren als die erlaubten 50 bzw. 130 km/h. Und etwas weiter geschaut, ist leicht zu verstehen, dass mit jedem Auto, das dazu kommt, das allgemeine Tempo weiter und weiter sinkt. Irgendwann dann „erstickt“ das Auto an der Vielzahl aller anderen und wird damit zum reinen „Standzeug“, oder echten Blechlaube und ohne Räder.
Überlegung für mich selbst: Da die Sucht zu „strunzen“ flächendeckend im Lande verbreitet ist, gebe ich mich keiner Hoffnung auf eine Änderung hin. Dennoch hoffe ich, dass meine Leser sich nicht von obigen Argumenten verschließen, sowie vor den nachprüfbaren Tatsachen. Schließlich wünsche ich allen eine recht gute Fahrt, jetzt aber nur noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem soviel kleineren eigenen Auto. Ich grüße nunmehr meine Leser (m/w) und lasse „meinem“ Wilhelm Busch das letzte Wort:
„Der eine fährt Mist, der andere fährt spazieren, das kann doch zu nichts Gutem führen.“
Ihr Heinz Dierdorf