Es ist der erste große Aufreger dieses noch jungen Kommunalwahlkampfs, das Schicksal des ehemaligen Gesundheitsamtes, auch bekannt als Andreasquartier. Geht es nach dem Willen der Stadtverwaltung und der Wormser SPD, so wird aus dem seit Jahren leer stehenden Gebäude die neue Stadtverwaltung („Rathaus II“). Die CDU hingegen möchte dies verhindern und sieht an dieser Stelle eher ein Hotel.

Die Suche nach dem richtigen Hotelstandort

Bereits im vergangenen Jahr machte OB Kandidat Peter Englert darauf aufmerksam, dass sich der Standort gegenüber des Wormser Wahrzeichens Nummer 1, dem Wormser Dom, wohl besser als Hotel eignen würde. Diskutiert wurde dieser Gedanke bereits viele Jahre zuvor schon einmal. Damals gab es allerdings noch die Hoffnung, dass sich ein Investor findet, der direkt an der Seite des Wormser Kultur- und Tagungszentrums bauen würde. Vor vier Jahren schien diese Hoffnung in Erfüllung zu gehen. Eine Investorengruppe interessierte sich dafür, auf dem EWR-Parkplatz ein Ibis Styles Hotel zu errichten, doch bis heute hat sich nichts getan (die Bauoption läuft Ende März aus). Im Stadtrat wurden die Hotelpläne inmitten des historischen Zentrums von Worms beiseitegelegt und es wurde beschlossen, das Gebäude zu einer Stadtverwaltung umzubauen, da die Raumsituation am Adenauerring damals wie auch heute schwierig ist. Das Grundstück, das dem Land Rheinland-Pfalz gehörte, wurde für eine Summe von 1,9 Millionen Euro gekauft. Der Kauf wurde wiederum mit Fördermitteln des Landes in Höhe von 390.000 Euro unterstützt. Die Gesamtkosten schätzte die Verwaltung zu diesem Zeitpunkt auf 5,9 Millionen Euro.

Hotelpläne für das „Wohnquartier Gerbergasse“

Lange Zeit war zu den konkreten Planungsfortschritten des Projektes nichts mehr zu hören. Ende Januar überraschte schließlich die Wormser CDU mit der Ankündigung, die vor fünf Jahren beschlossenen Pläne zu verwerfen, um an dieser Stelle ein Hotel zu forcieren. Klaus Karlin vermeldete gar in diesem Zusammenhang, bereits einen Investor für das Hotel zu haben. War da aber nicht noch etwas mit einem möglichen Hotel im Zuge des Projekts „Wohnquartier Gerbergasse“? WZ-Redakteur Johannes Goetzen erinnerte sich wohl auch an diese Pläne, nahm Kontakt auf mit Daniel Bittner (Investor Gerbergasse), der bestätigte, dass der Bau eines Hotels an dem Standort des alten Bauhausgeländes in nächster Zeit realisiert werden würde. Goetzen schrieb anschließend, dass sich somit die Hotelpläne der CDU zerschlagen haben dürften und ergo der Weiterentwicklung „Rathaus“ nichts mehr im Wege stehe. Im Gespräch mit WO! sieht Karlin die Sache entspannt und erteilt dieser Spekulation eine klare Absage. Warum dem Hotelinvestor nicht anbieten, an der prominenten Stelle gegenüber des Doms zu bauen und im Gegenzug wird an der Stelle des ehemaligen Bauhauses ein Gebäude gebaut, das als Stadtverwaltung genutzt werden könnte! Ebenfalls sei eine Umsiedelung in das weitestgehend leer stehende Hochstift ein weiterer Gedanke.

Selbst bauen kostet Geld, und zwar sehr viel!

Aber warum rückt die CDU von den vor fünf Jahren beschlossenen Plänen ab? Für Klaus Karlin ist die Sache ganz klar. Nach den Erfahrungen mit den letzten Bauvorhaben sei dringend davon abzuraten, selbst zu bauen. Gemeint hatte er damit die Querelen um das nach wie vor nicht eröffnete Parkhaus in der Koehlstraße. Die Kalkulation sei heute nicht mehr haltbar. Vielmehr geht man vorsichtigen Schätzungen zufolge von mindestens 10 bis 15 Millionen Euro Baukosten aus. Tatsächlich argumentiert die Stadtverwaltung selbst, dass Bauen deutlich teurer geworden sei, sie zudem Probleme hätten, freie Stellen im Planungsbereich zu besetzen und schlicht mit der Anzahl an Projekten in Worms überfordert wären. OB Kissel selbst betonte diese Problematiken selbst immer wieder im Stadtrat. Die SPD konterte das Vorgehen der CDU mit einer eigenen Pressemeldung. Die SPD drängt auf eine schnelle Lösung, da die Zustände für die Mitarbeiter untragbar seien. Eine Umsiedelung in das Hochstift schließen die Genossen aus, da sie die Idee der ökumenischen Hospizhilfe, dort ein Hospiz zu etablieren, unterstützen wollen. Insofern sei es die logische Konsequenz, an den bisherigen Plänen festzuhalten.

Die Pläne werden ausgesetzt

Kurz darauf folgte auf der Tagesordnung des Haupt- und Finanzausschusses am 6. Februar ein Antrag auf Vergabe der Tragwerksplanung. Zwar arbeitete die Stadtverwaltung in den letzten Jahren im Hintergrund an der Umsetzung der Pläne, dennoch überraschte der Zeitpunkt. Schließlich hatte der Vorgesetzte der Stadtverwaltung, Oberbürgermeister Michael Kissel, noch am Wahlabend von Adolf Kessels Sieg verkündet, dass es keine Entscheidungen mehr geben würde, in die sein Nachfolger nicht eingebunden sei und die Konsequenzen für ihn hätten. Es ist davon auszugehen, dass ein rascher Beschluss, die Baupläne weiter voranzutreiben, durchaus Folgen für den zukünftigen OB hätte. In der anschließenden Sitzung einigte man sich schließlich auf Aussetzung des weiteren Vorgehens. Doch wie geht’s weiter?

Wie viel Geld wurde bisher ausgegeben?

Im März soll im Haupt- und Finanzausschuss über das weitere Vorgehen gesprochen werden. Sollte das Gelände tatsächlich an einen Hotelinvestor verkauft werden, so müsste allerding die Fördersumme von 390.000 Euro an das Land zurückgezahlt werden. Für Klaus Karlin und Adolf Kessel ist das jedoch kein Problem, da man das Geld durch den Verkauf wieder einnehmen würde. Entfallen würden auch die zugesagten Fördermittel des Landes für den eigentlichen Bau. Die müssten neu ausgehandelt werden, sollte das Rathaus II an anderer Stelle gebaut werden. Die SPD verweist auch darauf, dass bereits viel Geld in die Planung geflossen sei. Wie viel, das lässt sich wiederum nicht beziffern. Im Ausschuss am 6. März möchte Uwe Franz genauere Zahlen nennen. Für den zukünftigen Oberbürgermeister Adolf Kessel dennoch kein Grund, an dem Standort festzuhalten.

Alternative Pläne

Das Argument, dass das Hochstift wegen des geplanten Hospizes nicht nutzbar sei, kann Kessel nicht nachvollziehen und erklärte unserem Magazin gegenüber, dass das Hochstift aus drei Blöcken bestehe. Während im Block A das Hospiz einziehen soll, wäre es vorstellbar, dass die Stadtverwaltung bereits möglichst bald in den Block B übergangsweise ziehen könnte. Gemeinsam mit einem Architekten begutachtete man die Räume, der attestierte, dass ein schneller Umzug mit geringem Aufwand möglich wäre. Eine weitere Option sei auch, das Gebäude am Adenauerring einer Komplettsanierung zu unterziehen. Bei einer Verlängerung des Mietvertrages wäre der Vermieter möglicherweise bereit, das nötige Geld in die Modernisierung zu investieren, sagt Klaus Karlin. Auch Richard Grünewald (Bündnis 90 / Die Grünen) hält die geplanten Baumaßnahmen am Standort Andreasquartier für unverantwortlich und regte ein sogenanntes „atmendes Raumkonzept“ an. Da ein Gebäude für mindestens 50 Jahre errichtet wird und man die zukünftige Nutzung nur schwer kalkulieren kann, sei es sinnvoll, einen externen Anbieter zu suchen, der ein flexibel nutzbares Gebäude errichtet, das von der Stadt angemietet wird. „Ein solcher Anbieter müsste also ein multifunktionales Gebäude errichten, in dem er die Räume sowohl als Geschäfte, Wohnungen, Büros oder ‚Amtsstuben‘ vermieten kann“, sagt Richard Grünewald und ergänzt: „Viele Unternehmen verfolgen bereits einen solchen Ansatz und lassen bauen (und mieten), anstatt selbst zu bauen“. Adolf Kessel findet diesen Vorschlag vernünftig und erklärt, dass man diese Variante ebenfalls prüfen müsse.