Brüderpaare, die gemeinsam Fußball spielen, gibt es öfters. Brüder, die zusammen einen Verein trainieren, dagegen eher selten. Ein absolutes Novum kann man derzeit bei Wormatia Worms erleben, wo vier Brüder im Trainerteam dafür gesorgt haben, dass der VFR mit 32 Punkten im Gepäck die erfolgreichste Hinrunde seit Regionalligazugehörigkeit absolviert hat.
Sascha Eller lacht ansteckend oft. Genau das unterscheidet ihn von seinen prominenten Vorgängern auf der Trainerbank der Wormatia. Während Hans-Jürgen Boysen wenig geredet und kein einziges Mal gelacht hat (fairerweise sollte man anfügen, dass er wegen akuter Erfolglosigkeit auch schlichtweg nichts zu lachen hatte), konnte davor Stefan Emmerling durchaus lachen (wenn auch selten, ebenfalls wegen Erfolglosigkeit), um jedoch ausgerechnet nach Siegen derart zu verkrampfen, dass er sich einmal sogar mit den eigenen Fans anlegte, was der Anfang vom Ende seiner Zeit bei der Wormatia war. Sascha Eller ist ein komplett anderer Typ. Eller geht auf Menschen zu, bedankt sich bei den mitgereisten Fans, mischt sich auch nach Niederlagen in der Vereinskneipe unter die Leute, stellt sich dem Gespräch, räumt eigene Fehler ein und man hat jederzeit das Gefühl: Hier lebt einer Wormatia. Hauptsächlich unterstützt wird Sascha Eller von Assistent Steven Jones, dem langjährigen Wormatia-Haudegen, Torwarttrainer Christian Adam und seinem jüngeren Bruder Simon (30). Zum Trainerteam gehören aber auch noch seine Brüder Christian (33) und Daniel (28). Zusammen ist es ihnen gelungen, die Mannschaft in der Vorbereitung derart zusammen zu schweißen, dass sie binnen kürzester Zeit, dank ihrer mannschaftlichen Geschlossenheit, die Liga das Fürchten lehrte. Vier Mal Eller im Trainerteam bedeutet blindes Vertrauen, keiner spielt den anderen aus und anscheinend wirkt sich die gute Laune der Eller-Brüder auch positiv auf das Team aus. Platz 5 in der Winterpause, damit hätten die Verantwortlichen vor der Saison in den kühnsten Träumen nicht gerechnet. „Klassenerhalt, mehr nicht…“ hieß das bescheidene Ziel und für nicht wenige galt der VFR vor der Saison als sicherer Absteiger. Stattdessen hat man zum ersten Mal, seitdem der Verein 2008 in die Regionalliga aufgestiegen ist, das Gefühl, dass mit einem der jüngsten Teams aller Zeiten kontinuierlich etwas wachsen kann. Zudem hat man mit dem in Worms geborenen Sascha Eller endlich einen Trainer gefunden, der von Spielern, Fans und Verantwortlichen akzeptiert wird, der auch von auswärtigen Fans als Sympathieträger wahrgenommen wird und der hoffentlich auch die Zeit bekommt, um in Worms langfristig etwas aufbauen zu können. Qualifikation (kein Trainer A-Schein, nur B-Lizenz- Inhaber), Alter (erst 39!) oder bisheriger Werdegang (U16 SV Darmstadt 98, U17 VFR Mannheim, U17 FSV Frankfurt, U23-Landesligamannschaft der Wormatia): Alles wurscht! Wo vermeintliche große Trainer versagt haben, passt einer wie Sascha Eller perfekt ins Profil eines Vereins wie Wormatia Worms, dessen Seele am besten mit den Worten Herbert Grönemeyers zu beschreiben ist, der einst über Bochum sang: „Hier wo das Herz noch zählt, nicht das große Geld…“ Die Rückrunde wird brutal, weil die Wormatia jetzt kein Überraschungsteam mehr ist. Aber auch dieses Problem lächelt Eller einfach weg. Spätestens dann denkt man sich: Das wird schon gut gehen.