Wie so viele andere, fand auch der Münchner Musiker Jan Zehrfeld (geboren 1977) seinen Zugang zur Musik über die klassische Blockflöte. Der junge Jan entdeckte jedoch schnell seine Liebe für Saiteninstrumente, genauer gesagt war es das Violoncello, das er erlernte. Als Cellist spielte er eine Zeitlang im Garchinger Sinfonieorchester. Als Teenager erlag Jan Zehrfeld jedoch den Verlockungen des Rock und Heavy Metal und fing an, sich das Gitarrenspiel selbst beizubringen. Durch die Big Band an seiner Schule lernte er die Welt des Jazz kennen und lieben. Er begann in einer Jazzband zu spielen und leckte endgültig Blut, als er einen Workshop besuchte, bei dem er die komplexe Welt des Jazz ergründete. Da ihm sowohl der Metal als auch der Jazz zusagten und es bis dahin nichts gab, was diese beiden Stile miteinander verband, gründete er kurzerhand die Band Panzerballett. Seit elf Jahren bereichert er mit dem unverwechselbaren Sound die Musikwelt und erntet dafür exzellente Kritiken. Die Konzerte der Band gelten als unvergleichliches Erlebnis. Eine Kostprobe ihres Könnens konnten die Zuschauer bei den diesjährigen Festspielen sehen und hören. WO! sprach mit dem Musiker über dessen Theaterdebüt.

WO! Normalerweise gibst du mit deiner Band Panzerballett Konzerte. Gibt es da für Dich einen Unterschied, Teil eines Theaterstücks zu sein?
Ja, auf jeden Fall. Im Theater spielt man eine begleitende Rolle, während man bei einem Konzert alleine im Mittelpunkt steht. Außerdem erfordert es eine gewisse Disziplin im „Nichtspielen“. Wobei wir im Vergleich zu anderen Theaterstücken relativ viel Zeit für unsere Musik hatten. Das ist aber nur durch die Tänze möglich, die wir musikalisch begleiten. Sonst wäre das für mich uninteressant gewesen.

WO! Die Stücke bei „Gemetzel“ hatten ja schon fast Songcharakter!
Ja, das stimmt. Das längste Stück dauert ca. fünf Minuten, ansonsten waren es zwei bis zweieinhalb Minuten. Die meisten Stücke sind Songs, die wir schon lange im Programm haben, die ich also nicht extra für „Gemetzel“ komponiert habe. Gemeinsam mit dem Choreografen Ted Stoffer haben wir die Songs an die Bewegungen angepasst. Es war eine gewisse Annäherung aneinander, was ich sehr inspirierend fand.

WO! Warst du überrascht, als Thomas Schadt dich ansprach, die Musik zu dem Stück beizusteuern?
Ja, das war ich und habe mich dann erst mal über die bisherige Musik der Nibelungen Festspiele informiert. Unser Saxofonist Alexander von Hagke hatte bereits 2012 hier als Musiker mitgewirkt. Der sagte, dass wir das unbedingt machen müssen, wies aber darauf hin, dass es ein schwieriger Prozess war, da sich erst sehr spät Gedanken über die Musik gemacht wurde und diese auch eine gänzlich andere Funktion hatte. Bei meinem Engagement hatte ich die Sorge, dass die Hälfte dessen, was ich neu komponiere, anschließend wieder raus genommen wird. Es ist, wie wenn du eine aufwendige Rindsroulade zubereitest und man sich schließlich für den Burger entscheidet. Es war dann auch tatsächlich so, dass einzelne Songs wieder raus genommen werden mussten, da z.B. eine Szene komplett gestrichen wurde. Insofern war ich froh, dass viele Stücke bereits existierten und nicht extra von mir komponiert werden mussten.

WO! Hattest du die komplette künstlerische Freiheit?
Ja, die hatte ich tatsächlich. Bei den meisten Ideen, die ich Thomas Schadt vortrug, sagte er sofort ja. Bei anderen räumte er ein, dass er es noch schauen müsse, wie das funktioniert, wenn die Schauspieler dazu kommen. Manchmal musste die Stimmung verändert werden. Ich habe dann aber nicht einfach das Stück ausgetauscht, denn ich habe schon versucht, einen roten Faden herzustellen.

WO! Bist du mit dem musikalischen Konzept zufrieden oder hättest du im Nachhinein etwas anders gemacht?
Nein, ich würde es genauso wieder machen. Ich denke, es hat auch funktioniert. Wenn ich dies allerdings wieder machen sollte, würde ich nicht mehr auf den Fundus von Panzerballett zurückgreifen, sondern neue Musik schreiben, die allerdings nicht so komplex ausfallen dürfte, da es sich nicht mehr nach klassischem Panzerballett anhören sollte. Ich würde mehr mit Leitmotiven arbeiten.

WO! Könntest du dir in diesem Zusammenhang vorstellen, nächstes Jahr wieder bei den Festspielen dabei zu sein?
Das ist zwar im Moment für mich noch weit weg, aber vorstellen könnte ich mir das schon, da es großen Spaß gemacht hat. Ich müsste aber noch einen optimalen Weg finden, wie ich relativ schnell zu einem Ergebnis komme, das ich zeitlos gut finde, was mir aber auch nicht so viel ausmacht, wenn es nicht genommen wird.

WO! Wie gehst du mit den Kritiken zu „Gemetzel“ um?
Es gab gute, aber auch sehr schlechte Kritiken. Das hat mir gezeigt, dass ich diese unbedingt ignorieren muss. Ich störte mich sehr an verschiedenen Formulierungen, die mir zeigten, dass viele Kritiker keinen Zugang zu meiner Art von Musik hatten. Nur weil eine verzerrte Gitarre dabei war, wurde die Musik sofort in eine Ecke gedrängt. Die schlimmste Formulierung war „musikalische Einsprengsel einer Band, die sich Panzerballett“ nennt und nach 70er Jahre Garagenrock klingt. In der BILD stand: 80er Jahre Rock Oper Klänge, was zwar nicht unbedingt negativ ist, aber das trifft unsere Musik auch nicht. Das ärgert mich zwar im ersten Moment, aber letztlich kommt es darauf nicht an. Wichtig finde ich, dass darüber geredet wird. Wenn man so eine spezielle Musik macht, muss man damit rechnen, dass es nicht jedem gefällt. Es gibt aber auch durchaus Kritiken, durch die ich selbst was lernen kann.

WO! Wie hast du Worms erlebt?
Die ersten sechs Wochen kannte ich nur den Weg vom Hotel zum Theater, später wurde dieser Weg zum Dom erweitert. Für klassisches Sightseeing hatte ich keine Zeit, da ich permanent arbeitete. Aber ich lernte die Funzel und die Strandbar kennen, die mir gut gefallen haben. Generell habe ich den Aufenthalt sehr genossen, aber ich muss einräumen, dass mir das Klima hier sehr zu schaffen gemacht hat. Es war teilweise, als wäre ich in einem südlichen Land.

WO! Könntest du dir vorstellen, bei „Jazz & Joy“ im kommenden Jahr nach Worms zurückzukehren?
Auf jeden Fall. Das würde mich sehr interessieren. Das Festival ist mir ein Begriff, bisher wurde ich aber noch nicht angesprochen!

Wir danken dir für das Gespräch!