WO! im Gespräch mit Oberbürgermeister Adolf Kessel

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Am 22. August stellte Robert Habeck seine Energieverordnung vor, die in erster Linie von den Kommunen umgesetzt werden darf. Am 1. September lud schließlich die Stadt Worms gemeinsam mit dem EWR zu einem Pressegespräch über die Folgen von Habecks Verordnung und weitere geplante Maßnahmen. WO! sprach im Vorfeld mit Oberbürgermeister Adolf Kessel.

WO! In einer Pressemitteilung vom Juli hieß es, dass die Stadt sich mit dem EWR bezüglich kurzfristigen Energiesparmaßnahmen austausche. Gibt es zwischenzeitlich konkrete Maßnahmen, außer dem Nicht-Beheizen des Schwimmbads?

ADOLF KESSEL: Zunächst möchte ich darauf hin- weisen, dass bei es dem Nichtbeheizen ausschließlich um das Außenbecken geht. Das Hallenbad hin- gegen wird noch beheizt, allerdings mit zwei Grad weniger. Zudem stehen Verwaltung, EWR und der Koordinierungsstab der Stadt Worms im ständigen Austausch. Grundsätzlich gelten natürlich die Vorgaben von Wirtschaftsminister Robert Habeck. Dazu gehört das Abschalten der Beleuchtung öffentlicher Gebäude wie z.B. dem Dom, der Dreifaltigkeitskirche, der Martinskirche, dem Wasserturm und auch der Lutheranlage. Allerdings dient diese Beleuchtung nicht nur dem Lutherdenkmal, sondern auch der Sicherheit, um Vandalismus vorzubeugen. Letztlich wird über die Maßnahmen im Stadtrat am 19. September entschieden. Die Straßenbeleuchtung ist natürlich ausgenommen. Zum einen wurde diese auf LED umgestellt, was 80 Prozent weniger Energie benötigt, zum anderen ist diese natürlich auch sicherheitsrelevant.

WO! Bringen diese Maßnahmen so viel Ersparnis?

Die genauen Zahlen kenne ich nicht, allerdings wurde mir gesagt, dass die Einsparungen nur geringfügig sind. Beim Deutschen Städtetag wurde auch über dieses Thema gesprochen. Dort kam man zum Schluss, dass die geforderten 15 Prozent Einsparung nur funktionieren, wenn man die Hallenbäder schließt. Da dies in Worms ohnehin im Herbst der Fall ist, stellt sich diese Frage nicht. Auf Landesebene hat allerdings die Regierung ebenso gesagt, dass die Hallenbäder geöffnet bleiben müssen. Das ist doch ziemlich widersprüchlich.

WO! Wie lang wird das Hallenbad eigentlich noch geöffnet sein?

Geplant ist, dass es noch bis zum Oktober bzw. zum Beginn der Baumaßnahmen geöffnet bleibt, allerdings nur für Schulen, Vereine und Kurse der Freizeitbetriebe.

WO! Laut WZ wurde ein Tanklastzug mit Dieselkraftstoff für den Notfall beschafft. Wie lange kann dadurch ein Notbetrieb aufrechterhalten werden? Wie hoch waren hierfür die Kosten?

Bisher wurde keiner angeschafft. Das EWR hat hin- gegen bereits mehrere Tanklastzüge angeschafft. Die Stadt ist wiederum mit Wormser Heizölunternehmen im Gespräch, die in einer Notsituation einen Tanklastzug zur Verfügung stellen. Die Anforderung ist dabei eine Füllmenge von 12.000 Liter Öl zur Stromerzeugung und ein entsprechendes Aggregat. Der Vorteil wäre, dass wir dann selbst keins kaufen müssten. Derzeit treiben die Ideen, wie man eine mögliche Mangellage umgeht, auch seltsame Blüten. Eine Stadt überlegte vor kurzem, im Ernstfall eine Tankstelle zu beschlagnahmen.

WO! Die Absenkung der Raumtemperaturen in städtischen Gebäude ist mittlerweile vom Bund angeordnet? Kann dies überhaupt in allen Gebäuden kontrolliert werden?

Tatsächlich ist das insbesondere im Rathaus gar nicht so einfach, da dort noch eine alte Dampfheizung verbaut ist, die nur sehr ungenau einstellbar ist. Unter anderem deswegen ist das Rathaus dringend sanierungsbedürftig.

WO! Der Bund gab an, dass Swimmingpools nicht mehr beheizt werden dürfen. Wie lässt sich das kontrollieren? Kommt zukünftig die Ordnungsbehörde nach Hause und schaut nach?

(lacht) Das ist doch eher unwahrscheinlich.

WO! Wie viele Gebäude unterhält die Stadt, wie viele sind davon gemietet?

Der Stadtkonzern unterhält 350 Gebäude, davon sind 50 angemietet.

WO! Auch hier die Frage, wie lässt sich das kontrollieren?

In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Gebäude saniert und auch mit neuen Heizsystemen ausgestattet. Dort, wo das der Fall ist, wird das Gebäudemanagement entsprechend handeln.

WO! Die Energiekosten steigen. Welche Auswirkungen hat das auf den städtischen Haushalt?

Für den Haushalt 2023 wurden bereits höhere Energiekosten angemeldet. Die Übersicht auf die Mehrkosten bezieht sich wiederum auf das Jahr 2022. Strom Mehrkosten 1,6 Millionen Euro, die zu dem bisherigen Ansatz 1,4 Millionen Euro hin- zukommen. Gas 508.000 Euro, gesamt 1,8 Millionen Euro. Allerdings glaube ich nicht, dass dieser Ansatz ausreicht. Die Heizölmehrkosten liegen wiederum bei 65.000 Euro, die Gesamtausgaben wurden mit 240.000 Euro kalkuliert. Auch hier gilt, dass dies nur eine aktuelle Berechnung ist. Ob das reicht, darf angezweifelt werden, da die Preise am Markt weitersteigen. Unklar ist im Moment auch, welche Auswirkungen das auf den Sozialetat hat, da wir im Moment nicht wissen, ob Bund und Länder finanzielle Hilfen für einkommensschwache Haushalte bereitstellen.

WO! Im kommenden Monat wird der Haushalt 2023 vorgelegt. Kaiserslautern hat dies bereits im Juli getan. Trotz Ausgeglichenheit wurde er abgelehnt und KL muss nun mit einem nicht genehmigten Haushalt arbeiten. Könnte das auch Worms drohen und was bedeutet dies, wenn der Fall eintreten sollte?

Am 19. September wird der aktuelle Entwurf im Stadtrat vorgelegt, im Oktober folgt die Beratung im Haupt- und Finanzausschuss. In der Dezembersitzung wird der Haushalt beschlossen und schließlich im Januar der ADD in Trier vorgelegt. Natürlich droht im Moment die Situation, dass der Haushalt nicht genehmigt wird. Derzeit weist der erste Haushaltsentwurf einen Fehlbetrag von 30 Millionen Euro auf. Ich denke auch nicht, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen. Grundsätzlich befinden wir uns ab 1. Januar in einer haushaltslosen Zeit. Das heißt, dass in der Zeit die Gemeinde nur Ausgaben tätigen darf, zu deren Leistung sie rechtlich verpflichtet ist. Neue Maß- nahmen dürfen nicht begonnen werden. Konkret heißt das, dass wir mit dem Bau der neuen Kita in Rheindürkheim erstmal nicht beginnen können. Freiwillige Leistungen dürfen in dieser Zeit ebenso nicht umgesetzt werden. Die Genehmigung erfolgt in der Regel im März oder April, bis dahin ist die Stadt in Teilen handlungsunfähig.

WO! Der Haushalt 2022 wurde mit einem deutlich niedrigeren Fehlbetrag eingereicht. Auf Drängen der ADD folgte schließlich die Erhöhung der Grundsteuer B in diesem Jahr. Das heißt, es ist davon auszugehen, dass es erneut Ärger gibt.

Natürlich muss im Stadtvorstand, in den Ausschüssen und im Stadtrat über Einsparpotential gesprochen werden oder ob die politische Bereitschaft besteht, Steuern zu erhöhen. Klar ist mir, dass bei der Grundsteuer B kein Spielraum mehr besteht, da die mit 550 Punkten bereits zu den höchsten in Rheinland-Pfalz zählt. Sollte es allerdings keine Einigung zwischen Stadt und ADD geben, kann es passieren, dass Worms weiterhin mit einem nicht genehmigten Haushalt arbeiten muss. Das wäre natürlich gerade in dieser Lage, in der sich Kommunen befinden, mehr als schwierig. Möglicherweise erklärt auch die ADD, dass man in Anbetracht der schwierigen Lage den Haushalt genehmigt. Grundsätzlich halte ich aber den Weg von Steuer- oder Gebührenerhöhungen für gefährlich.

WO! Wir danken Ihnen für das Gespräch.

 

Das Gespräch führte: Dennis Dirigo

Foto: Stadt Worms