Hallöchen liebe Leser,
alle guten Dinge sind ja bekanntlich drei. So komm ich zu der unbeschreiblichen Ehre, heute (Sonntagnacht, drei Stunden vor Redaktionsschluss) diese wundervolle Kolumne schreiben zu dürfen. Allerdings kommt diese Kolumne nicht aus dem sonnigen Worms, sondern aus dem viel zu verregneten und dunklen Berlin.
Berlin ist groß. Vielleicht ein klein wenig größer als Worms, aber das liegt bestimmt nur an den hohen Gebäuden. In Berlin gibt es viele Menschen: Kleine Menschen, große Menschen, dicke, dünne, dumme, sehr dumme, schöne, nicht so schöne und überall versprühen diese Menschen einen leichten Duft zwischen Kotze und Alkohol in allen öffentlichen Verkehrsmitteln. Also, alles genau wie in Worms. Nach Berlin führt mich eigentlich nur die Berlinale, die man als angehender Möchtegern-Schauspieler natürlich dringend besuchen sollte. Die erste Party führte mich hier auch gleich ins berühmt-berüchtigte Ritz-Carlton am Potsdamer Platz. Ein Hotel, in dem ich mir weder eine Übernachtung, noch einen Bademantel als Andenken leisten könnte. Hier angekommen, besuchte ich die berühmte „MOVIE MEETS MEDIA“ PARTY, eine Fete, auf der alles rumläuft, was jemals auch nur halbwegs in der ARD oder dem ZDF zu sehen war. Ach ja, und Martin Kesici und Ottfried Fischer. Als erstes muss man auf einer Party warten und zwar an einem großen Einlassschalter, an dem sich – nach Buchstaben sortiert – jeder registrieren muss. Selbst Martin Kesici. Bevor man allerdings nach Erhalt eines kleinen blauen Bändchens zur Party darf, muss man erst noch an rotem Billig-Teppich und einer Sponsorentafel vorbei, an der schon sämtliche Bild- und Promiflash-Fotografen lauern. Das Gute daran, nicht bekannt zu sein, ist der Umstand, dass von einem nur ein kurzes Bild gemacht wird und der BILD-Redakteur sofort laut schreit: „SIE DÜRFEN WEITERGEHEN“. (Ich überlasse es an dieser Stelle der Fantasie der Leser, diese Situation mit den After-Work Partys im Wormser zu vergleichen.)
Wer jetzt denkt, man wäre endlich auf der Party angekommen, der irrt gewaltig. Denn zunächst wird man in einen Ballsaal geführt und muss sich die Premiere einer neuen RTL II Serie mit dem Namen „Herzlos“, „Schmerzlos“ oder wie auch immer ansehen (Ehrlich gesagt habe ich den Titel vergessen und befürchte, dass die Serie sofort abgesetzt wurde). Auf der Leinwand läuft dann so ziemlich das Schlimmste, was man wohl je selbst gesehen hat und wundert sich, dass alle in den Interviews danach wild vorheucheln, wie „expressiv“, „leidenschaftlich“ und „qualitätsvoll“ sie diese Folge fanden. Gut, jetzt aber geht es ENDLICH zur Party. So schnell kann man gar nicht schauen, schon rennen 800 B- und C-Promis wie von der Tarantel gestochen zu einer der vier Bars und beginnen, sich sofort mit irrsinnig teurem Wodka den Hals zuzuschütten. Nach ein paar Gläsern hört man dann durchaus auch andere Stimmen zu der vorhin genannten RTL II Sendung: „Wer hat denn den Scheiß gedreht?!“, „Jedes Jahr tun die uns das an…“ oder auch „Ich hab‘ da ja nur mitgespielt, damit ich nich‘ ins Dschungelcamp muss.“ Am Ende der Party treffe ich dann auch Martin Kesici auf dem Klo wieder und philosophiere mit ihm lautstark, ob denn jetzt Ibu-Profen oder Aspirin besser gegen den Kater am nächsten Morgen helfen.
Zugegebenermaßen bin ich nicht nur wegen der Berlinale in Berlin, sondern auch wegen eines Praktikums im Deutschen Bundestag. Schaut man sich dieses Haus genauer an, sind die Parallelen zu Worms unausweichlich. Eine Große Koalition, die schaltet und waltet wie sie will, ein Innenminister, den keiner leiden kann und eine ewig regierende Chefin, die seltsamerweise keiner gewählt haben will. Na, kommt ihnen das bekannt vor?
Die Tätigkeitsbereiche eines Praktikanten sind dort übrigens unermesslich, sie reichen von „Junge, bring doch mal die Post weg“, über „Könnten Sie nicht auf den PCs mal das Internet installieren?“ bis zu „Sagen Sie mal, wie geht das eigentlich mit diesem Facebook?“. Wenn man im Bundestag arbeitet, erfährt man aber auch kryptische Dinge, die man so nie erfahren würde. Thomas Oppermann drängelt sich in der Kantine vor / Günther Öttinger wird auch noch als EU-Kommissar ausgelacht / Cem Özdemir fährt einen Porsche Cayenne / Die Kanzlerin wählt ihre Blousons immer nach der Lage der Nation / Markus Heldt spielt Angry Birds während des Wirtschaftsausschusses / Jan Metzler hat die Handynummer von allen Sekretärinnen / Wolfgang Schäuble weiß, wo das Bernsteinzimmer ist.
Im Übrigen wird in Berlin genauso viel Geld verpulvert wie in Worms. Ein Tunnel unter der Spree hindurch, ein viel zu großes Gebäude für den BND, allerdings ohne Wasserhähne und vieles mehr. Das Gesamtergebnis, welche Stadt denn nun besser ist, entscheidet aber klar Worms für sich. Hier ist der Flughafen schon fertig.
Bis dahin!
Ich bin noch ein wenig in Berlin…
Euer Jim Walker jr.