Ausstellung „Wormser Künstlerinnen und Künstler und Luther“
29. Oktober 2021 | Das Wormser Tagungszentrum – Ausstellungsfläche:
Das Jubiläumsjahr „Luther und 500 Jahre Widerrufsverweigerung“ nähert sich mit großen Schritten seinem Ende. Im Mittelpunkt stand und steht natürlich die große Luther-Ausstellung. Bei der letzten Ausstellung, die im Zusammenhang mit Luther eröffnet wurde, steht nun allerdings der Blick Wormser Künstler/innen auf Luther und dessen Wirken im Mittelpunkt. Geöffnet ist diese abwechslungsreiche Ausstellung noch bis zum 31. Dezember 2021.
Ähnlich wie die Nibelungen ist Martin Luther ein historisches Erbe der Stadt Worms, das seit Generationen zahllose Bürgerinnen und Bürger beschäftigt. Doch es ist nicht nur der geschichtliche Zugang, den Wormser/innen suchen, sondern auch der künstlerische. Bei der Ende Oktober im Wormser Tagungszentrum eröffneten Ausstellung gehört die Fläche überwiegend Malerinnen und Malern. Flankiert wird diese zusätzlich von drei Büsten, die der Künstler ASTRIT COBANAJ extra für das Jubiläumsjahr schuf, und zwei Installationen aus dem Hause Atelier Blau. Ideengeberin für die Gruppenausstellung war wiederum die Wormser Künstlerin ANITA REINHARD. Bereits 2012 schuf Reinhard ein großflächiges Gemälde, auf dem Martin Luther in standhafter Pose mit der geballten Faust auf der Bibel zu sehen ist und das nun auch die Ausstellung ziert. Beim Betrachten des Bildes stechen der sanfte Blauton sowie die femininen Züge des eigentlich grobschlächtigen Gesichts des Gelehrten Luther ins Auge. Fast wirkt das Bild, als würde es in der entrückten Art der Darstellung den streitbaren Mönch verklären. Dass Luther aber auch ein Mensch mit vielen Facetten war, zu denen z.B. seine kompromisslose antisemitische Haltung gehörte, wird nur in wenigen Kunstwerken deutlich. Am explizitesten ist dies in HANS-MARTIN DONNERs Arbeit zu erkennen. Auch hier wird das Werk zunächst vom Konterfei Luthers dominiert. Doch der Blick des Betrachters schweift inmitten der großflächigen Schwarzweißzeichnung unweigerlich auf einen Stolperstein, der in Luthers Mönchstracht eingearbeitet ist. Als sei es die Bürde Luthers, mit seiner Streitschrift über den Umgang mit Juden die Blaupause für das spätere Vorgehen der Nationalsozialisten verfasst zu haben. Dementsprechend bilden Sätze aus dieser Schrift den Rahmen für das spannende Kunstwerk, das auf den Namen „Der Hass-Prediger“ hört. Spannend ist auch die Installation, die HORST RETTIG gemeinsam mit MICHAEL DINGES vom Atelier Blau geschaffen hat. Unter dem Titel „Das Wort und die Ablassbriefe der Neuzeit“ überträgt man das historisch- kirchliche Thema auf die Jetztzeit und den politischen Umgang mit der Umwelt. Statt eine nachhaltige Klimapolitik zu betreiben, ist es großen Unternehmen möglich, durch CO2-Zertifikate Emissionen zu kompensieren. Auch das zweiteilige Kunstwerk „Die unverschlossene Tür“, ebenfalls von Horst Rettig, regt zum Nachdenken an. Während ein Fenster in einem Rednerpult Luther auf dem Kopf stehen lässt, zeigt das Bild oberhalb des Pults eine offenbar durchleuchtete Person mit Gesichtsmaske, deren Mund zudem verschlossen ist. Das bekannteste Wormser Motiv ist freilich das Lutherdenkmal. Dem widmete sich die Künstlerin ASTRID BELLEFROID. Statt ein detailgetreues Gemälde zu schaffen, nähert sie sich dem sattsam bekannten Bauwerk mit einer erfrischenden Leichtigkeit. Mit flinker Hand gezeichnet, in einem kräftigen Blauton verpackt, wirkt das Bild zunächst respektlos, vermittelt jedoch dem bedeutungsschweren Denkmal eine neue Leichtigkeit, die diesem nach rund 150 Jahren gutsteht. Eindeutig zu groß für die Ausstellungsfläche ist das Luther-Kunstwerk von ANJA MARGRET BUCHHOLZ. Bei der Eröffnung der Ausstellung erklärte KVG-Projektmanager Frank Schumann, dass dies mit neun Metern einfach zu lang sei. Für den Betrachter ist dadurch nur eine ziemlich dicke Leinwandrolle mit der Aufschrift „Got hat driu leben geschaffen: gebure, ritter unde pfaffen“ und einem kleinen Säugling zu erkennen. Wer wissen will, was es damit auf sich hat, muss natürlich die Ausstellung besuchen, denn dort findet der Besucher einen QR Code, der zur weiteren Erklärung führt.
Fazit: Abwechslungsreiche und spannende Ausstellung, die einen Besuch lohnt und zudem unterstreicht, wie viele talentierte Künstler/innen in der Stadt der Widerrufsverweigerung leben.